March 17, 2007

es ruft schon wieder

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:08 am

tatsächlich… es ging schnell. im herbst geht es wieder los in den osten. diesmal in den südkaukasus, nach georgien. ich werde dort an einem social integration project mitarbeiten können während drei oder vier monaten. die schulung nimmt zwei wochen in anspruch, wovon die erste in chvojnica in der slovakei stattfindet. vielleicht kann ich endlich mal mein verstaubtes tschechisch etwas hervorholen, wenn sich s denn ergibt. über das projekt werde ich bald mehr schreiben. noch ist alles sehr neu und ungewiss, aber bald werde ich mehr davon festhalten. spätestens ab folgendem september.jetzt durchstöber ich die bibliotheken nach material zu georgien und versuche schon ideen zu sammeln. gerne erinnere ich mich an das georgische essen gerade… welches mir in russland sozusagen das südländische essen war und an den wein (vor embargo) .

wlan – geschichten von zuhause

Filed under: Texte eines irdischen Alltags — sarah @ 1:52 am

wieder einmal zuhause. thema heute wlan, in das ich mich zum ersten mal feierlich mit sechzehnstelligem passwort, extra feinsäuberlich ausgedruckt und ausgeschnitten, in die andere “welt” einloggen durfte. reto stand rechts hinter mir wie bei der katholischen firmung, legte allerdings nicht väterlich die hand auf die schulter. ein initiationsritus scheint die sache jedenfalls fast wert zu sein;). meine mutter zeigt sich von alldem eher unbeeindruckt. auf retos begeistertes “ich habe sarah grad dein foto geschickt!” (sarah liegt bloggend im nebenzimmer), fragt sie eher abwesend “mhm. elektronisch, oder?” in unserer wg habe ich wlan installiert, und ich gebe zu ich hüpfte anfangs auch freudig herum, als ich auch in der küche neben der kaffeemaschine in ein unsichtbares netzwerk hineingeraten konnte. mittlerweile hat sich der begeisterungsstrom etwas gesenkt, und habe dafür überlegen ein müdes lächeln übrig. die initiation wurde gefeiert mit einer flasche portugiesischem rosé in einer merkwürdig runden flasche, und ich grübelte eher über einen austritt aus der röm-kath. kirche nach, ob ich dann noch einfach christin bleiben könnte oder eher zu einer anderen partei übergehe, sprich protestantisch werde und somit relativ effektlos gegen den papst protestiere…oder den totalen turn einschlagen soll und buddhistin werden soll, damit das leben vielleicht leichter wird und man einfach immer sagen kann: zum glück bin ich buddhistin. liebe verwandte, die ihr nun meinen blog lest, dies ist eine unzensurierte seite, da ich bekanntlich für freie meinungsäusserung bin.  jedenfalls wurde dieser  exmatrikulationswunsch von der  wlan -initiation  feierlich  unterbrochen. jetzt ist bald 1h, und man fühlt richtig, dass in jedem zimmer die bildschirme flimmern. es ist zeit sich zu verabschieden und das weltweite netz am wochenende einfach mal netz sein zu lassen und nen schönen spaziergang durch die stadt zu machen.

March 4, 2007

spaziergang zur kahlen lichtung durch einen buchenwald (ein ausflug von erfurt)

Filed under: Texte eines irdischen Alltags — sarah @ 11:32 pm

das wetter verhiess den frühling, als wir mit dem bus von weimar richtung ettersberg fuhren. an einem scheideweg stiegen wir aus und begannen unser hitch-hiking. wir liefen auf einer blutstrasse. rot waren jedoch einzig meine fingernägel, alles andere war grau, die sonne verblasste hinter dichten wolken zu sengendem weiss. es roch nach strasse und feuchtem holz. der wind erhob sich geräuschvoll zwischen den erst knospenden buchen. wir unterhalten uns oder schweigen auch. das schweigen macht empfindungen platz: der geschmack von asphalt, das kratzen von asphalt auf den zähnen, blut, die zunge in einem gewehrlauf…. ein auto hielt. ein etwas älteres ehepaar nahm uns mit. wir überbrückten die strecke von 1933-1939, die blutstrasse. “Jewöihnlisch fahr isch hierher in die Pilz. Man kann hier wunderbor Pilze sammeln. Ansonsten kenn isch mir da gar nisch sou eus, gei Mutter?” das nette paar setzte uns auf der grossen lichtung vor dem ehemaligen kz buchenwald ab. das jugendstilgittertor verspricht “jedem das seine”, geflügelte worte für menschen mit abgeschnittenen flügeln. die eigenen schritte waren zu laut, hörten sich an wie zielgerichtete schritte in schaftstiefeln. die blicke in die zellen machten uns zu spähern. man wollte sich auf eine pritsche setzen, die fotografie von lagerinsasse nummer 0815 umarmen und eine zigarette mit ihr rauchen. ein leerer appellplatz, dahinter noch einige verbliebene anlagen.die desinfektionsanlage, die genickschussanlage. ich vermied die fotografien: before and after: junge landmädchen mit langem dichtem, schwarzen haar, einem verschüchterten blick, junge landmädchen ohne haar, mit nummer, ohne blick, die sich bald wie ihre akten in einer ecke stapelten. ich sah listen und listen über listen, befehlschreiben über befehlsschreiben von befehlshabern von befehlshabern von befehlshabern. eine riesige bürokratie öffnete stöhnend ihre aktenschränke, liess ihre nummern für ein paar augenblicke spielen. menschen tanzten als bunte symbole und zahlen ihren totentanz, ihr name eine zahl, ihre bedeutung ein symbol. flinke seifensaubere hände blättern durch diese listen von listen und verwalten 0815 bis zu seinem kleinsten goldzahn, bis zu seinem letzten getragenen kleid, und sei es die haut, das irgendwohin über irgendeine grenze geschickt wird: “kleidung von insasse 0815. gebraucht.” eine schreibmaschinenzeile schiesst in gotischen lettern: freileiche. ein wort tötet. ein buchstabe hat die kraft einer gewehrkugel. die schreibmaschine – hermes, todesbringerin. wenns denn so sauber ginge… buchenwald führte in die untersten etagen, ins untergeschoss, wo die abstrakten zahlen und symbole form annahmen in tausenden von nackten…  Nie wieder dorthin! – oder vielleicht doch? Um Pilze zu sammeln?