Abschied von Kirgistan
David hatte im Schneideratelier neben Fatimas Haus, wo ein paar gewitzte Uzbekinnen walteten und schalteten, ein weisses Hemd in Auftrag gegeben. Die Schneiderin meinte eifrig, sie wisse nicht, ob sie es bis um 11Uhr schaffe, werde es aber für uns versuchen. Aus irgendeinem Grund schien sie den Narren an uns gefressen zu haben, jedenfalls hatte fast alles was ich sagte einen freudigen Lachanfall zur Folge ; ). Sie waren beeindruckt von Davids Wünschen, die ich übersetzte, und lachten noch mehr dabei. Sie hatten die Augenbrauen markant mit schwarzem Eyeliner über der Nasenwurzel zu einem Balken zusammengezogen. Das ist in dieser Region, auch in Uzbekistan, ein Schönheitsmerkmal: zusammengewachsene Augenbrauen, mindestens à la Frida Kahlo, sonst wir mit Schwarzstift nachgeholfen.
Natürlich wollten sie wissen, ob wir Mann und Frau sind. Ich meinte, wie so oft etwas ausweichend, “noch nicht”. Dann ging das Geschnatter erst recht los “Ohlala!! Dann soll es ein festliches Hemd werden für die Hochzeit, ja?” – “Nein, nein. Das noch nicht. Einfach ein simples Hemd für unterwegs.” – “Oh, ich würde für euch so gute Heiratskleider machen!” Wieder langes Lachen. Wir fühlten uns fast dem Erröten nah ; ).
Schliesslich erhielt David ein traditionelles weisses uzbekisches Hemd, das aber etwas kürzer als üblich ist.
Wir holten das Hemd am Abfahrtstag ab und verabschiedeten uns von den fröhlichen Damen.
Unsere Fatima war sauer, da sie am Vortag einem Bekannten angerufen hatte, der uns zur Grenze hätte bringen sollen, da sich aber unser Reiseziel kurzfristig wegen Davids Flug verschob, mussten wir ihr und ihm kurzfristig absagen, da wir mit einem Bus nach Osh mussten, ein Auto wäre einfach zu teuer gewesen. David hatte sich auf den 7. Oktober einen Flug von Tashkent nach Urumqi noch in Biskek gebucht. Er hatte darum gebeten, ihm bessere Flugdaten noch mitzuteilen, um auf später umzubuchen, da ich auch erst am 11. Oktober nach Istanbul fliege. Nun erhielt er ein Email von der Reiseagentur, die ihm ein besseres Datum offerierte. Wir sollten nochmals zur Agentur, die es noch in Osh gab. Daher mussten wir via Osh über die Grenze nach Usbekistan.
Die Frau ärgerte sich, da sie nun schlecht vor dem Fahrer dastand. Es war eigentlich etwas unbegründet, da wir uns selber beim Fahrer entschuldigten und erklärten, weshalb wir nicht fahren konnten. Er seinerseits schien das ohne Ärger verstanden zu haben. Fatima machte mir aber deswegen Vorwürfe, was ich unfair fand, nachdem wir immerhin ein paar Tage ihre Gäste waren. Es war abundzu während der Reise nicht leicht als Erste mit einem Problem konfrontiert zu werden. Da ich Russisch spreche, hatte meistens ich den Grossteil auszutragen, was ich vermutlich manchmal leichter und nicht zu persönlich hätte nehmen sollen.
Schliesslich verliessen wir die etwas missmutige Dame richtung Avtovokzal (Busstation).
In Osh, einer auf den ersten Blick sehr betriebsamen Stadt, blieben wir nur sehr kurz, gerade für die Umbuchung des Fluges. Wir assen in einer kleinen Kantine eine Shorpo und Nan, dann fuhren wir mit der Marschrutka bis zur Grenze. Dort liefen durch die verschiedenen Posten. Es bereitete uns zum Glück keine Probleme bei der Ausreise, dass wir keinen kirgisischen Einreisestempel auf dem Visa hatten. Der Beamte hakte zwar eine Weile nach, doch wir erklärten wir hätten einfach keine Grenzposten gesehen, was so etwas wie die Dreiviertelwahrheit ist ; ).
Unser Gepäck wurde vor der Einreise geröntgt, und wir mussten eine Einreisedeklaration ausfüllen, das war alles. Es hatte viele Frauen an der Grenze, die mit grossen Taschen unterwegs waren. Ein paar Zigeunerinnen veranstalteten aus irgendeinem Grund ein Mordsgeschrei, was sich als brutales Fluchen heraushören liess.
Einen Fahrvermittler hatten wir bereits auf der kirgisischen Seite auf den Fersen, dieser brachte uns zu einem Fahrer, der mit zwei anderen Leuten bereit war loszufahren.
Wir waren in Uzbekistan angekommen.