August 26, 2006

Fahrt nach Almaty

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 3:28 pm

Es ist kurz nach Mittag. Wir fahren durch die kasachische Steppe. An Semey sind wir morgens vorbeigefahren. Es regnete bisher halbwegs und war angenehm kuehl im Wagon. Jetzt wird es heisser und stickiger. Es steigen auch immer mehr Leute zu. Ich frage mich, wo die alle schlafen moechten. Ein paar liegen schon zuoberst auf der Gepaeckablage, auf der dritten Etage sozusagen.Der Zug faehr langsam, schaukelnd, vielleicht 60km/h momentan. Ich lese und schreibe und unterhalte mich mit meiner Nachbarin, die sich mir als Karlegash vorstellte, einer Kasachin mit Handy am Handgelenk, das ist hier In. Gestern sind wir spaet abends an den Bahnhof gefahren mit dem Tram, es wirkte unheimlich an der Endhaltestelle, da keine Beleuchtung vorhanden ist und man sich an den Bhf tasten muss oder einfach den anderen Leuten dicht auf den Fersen nachgeht. Unser Provodnik, ein hoher Mann mit Schnauz, sprach uns stolz mit wenigen WOrten auf Deutsch an. Es hatte irgendwann ein paar Beamte im Zug, Zollbeamte, die mich wegen meiner runtergefallenen Jacke am Arm unsanft ruettelten “Ist das Ihre?” Ein paar Minuten spaeter fand der naechste zu meiner aufgehaengten Kopftaschenlampe “Und was ist das?” – “Eine Kopftaschenlampe?!”- “Stecken Sie die besser auch gleich unters Kissen, das Volk klaut wie verrueckt.” Es gab auch viel Hin-und Herlaufen im Wagon und Ein- und Aussteigen, doch es war alles in Ordnung mit unseren Mitreisenden. Die waren sogar ausgesprochen nett und mitteilsam bisher. Jedenfalls sind vorher zwei Kasachen ganz neugierig zu David gekommen und fragten ihn ueber sein Notebook aus, an dem er grad arbeitet. Fragen wie”Wahrscheinlich hat er Internet ueber Satellit da oben? (auf den Himmel deutend)” und Vorschlaege wie “Er sollte unbedingt ein Internet Cafe eroeffnen!” erheiterten das Gespraech. Meine Erklaerung war dann, dass Programmisten sowas wie Koeche seien, die sich ums Wesentliche kuemmern und den Rest wie Verwaltung den anderen ueberlassen. Dann erklaerte David Cyberduck (sein Programm – Werbung, Werbung 🙂 ),was ich irgendwie uebersetzte. Man schaute uns von allen Seiten mit Neugierde an. Etwas vorsichtig muessen wir nun sein, da jeder weiss, dass David ein interessantes Notebook dabei hat. Er muss es wohl ins Bett nehmen :). Die Steppe hoert nicht auf, und das ist ein Bruchteil des Landes. Es erinnert mich an eine Busfahrt von Madrid nach Mazzaron mit Nana, meiner Grossmutter, 1998. Die Gegend war aehnlich karg und flach, mit verlassenen Hoefen. Nana sagte, es erinnere sie an Kasachstan, das sie auf dem Weg nach Indien einmal ueberflogen hatte. Das was damals unter ihr lag, durchquere ich nun in ueber 24/stuendiger rhythmisch langsamer Zugfahrt, taram-taram, allerdings auf Umweg ueber die russische Grenze.Ich unterhalte mich mit meiner Nachbarin Karlegash, die mir von ihren Neffen erzaehlt, ihren Reisen nach Indien und in den Iran, glaub ich. Abends fahren wir an kleineren Ortschaften vorbei, die unweit vom Balkashsee liegen, dem zur Haelfte salzigen See. Die Sonne geht unter. Auf den Bahnsteigen verkaufen sie riesigen geraeucherten Fisch aus dem See, Kzmyz, Stutenmilch und Kurut, die trockenen Kaesekugeln. Wir sehen Leute auf Pferden, ein paar Haeuser mit Grasdach, ein paar Jurten, und dann – Kamele, liegend vor einer Huette zu dritt im Abendrot. Karlegash und eine andere Zuggefaehrtin boten uns Kymyz an in einer Piala (kl. Teeschale). Ich nahm einen zu mutigen Schluck und hatte Muehe das Husten zu unterdruecken, David guckte ermutigend. Es war irrsinnig sauer, mit Kohlensaeure durchsetzt. David fands auch nicht sehr geniessbar. (Es gibt aber genial guten frischen Kymyz, man sollte keinen auf der Zugfahrt kaufen, da er nicht frisch ist meistens und gepanscht.) Der Vollmond ging auf ueber der Steppe, es war still und um uns herum war nichts. Karlegash sagte, sie liebe die Steppe, sie sei dort aufgewachsen. Dort wuerden die Gedanken stroemen, weit, weit, weit, du kannst sie nicht fassen, sie fliegen dir davon. In den Bergen sammelst du sie, hast sie bei dir. In der Steppe erfuelle dich etwas ganz anderes. Das sei der Unterschied zwischen Bergland und Steppe.

An der Ul’ba

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:56 pm

Wir verbrachten die Tage an der Ul’ba, einem Fluss, entlang welchem wir unsere Lager aufstellten. Die ersten Tage waren wir bei einem kleinen Imkerhaeuschen, die anderen bei einer anderen Huette, die zu Fuss in zwei Stunden zu erreichen war. Wir badeten, assen Melone und badeten weiter. Sascha ging auch ins Wasser mit ihrer kleinen gelben Minischwimmweste, wenn auch unter heftigem Protestgeschrei :). Am Ende hoerte man jedenfalls froehliches Quietschen. David und ich lasen den Indienroman Shantaram, den er zuvor in zwei Haelften teilen musste mit meinem Sackmesser, da ich verzweifelt was zu lesen suchte und in  Oeskemen nichts mehr gefunden hatte. So liefen wir sozusagen mit Altem und Neuem Testament den Fluss auf- und abwaerts. Es gab viele Tiere in der Umgebung, Elche, Baeren, doch wir sahen sie nicht. Was wir staendig ueber uns hatten, waren grosse Greifvoegel. Einmal erlitten wir einen Angriff einer Muniherde, 13 Stueck. Sie waren schon am Vortag um uns rumgezogen, wir hatten sie da auch vertrieben. Doch sie kamen wieder und stampften so zml viel platt, frassen unser Essen aus den Pfannen und versauten unsere Rucksaecke. Die Vegetation erinnerte sehr an die SChweiz, so dass ich manchmal vergass in Kasachstan zu sein. Schoen war es unter dem Vordach auf der Holztribuene auf den weichen Decken Tee zu trinken und zu schauen, auf den gruengescheckten Wald zum Beispiel. Schlafen gingen wir immer frueh, denn irgendwann ging das Licht halt aus. Sterne hagelte es zu Tausenden herunter schien es, wir konnten die sternschnuppen kaum zaehlen. Noch oefter sahen wir Sputniki, Satelliten. Am vierten Tag liefen wir zum Lada zurueck und fuhren richtung Oeskemen zurueck.Wir fuhren an Hoefen vorbei mit hohen Heuhaufen, an Hirten auf Pferden, ehemaligen Kolchosen, teils verlassen, teils noch irgendwie in Betrieb, an Strassenstaenden, plaudernden Alten vor den einstoeckigen Haeuschen, Gemuesefrauen. Immer naeher kamen die Schornsteine der Vorstadt, dann waren wir wieder dort in Oeskemen. Es war eine gute Zeit mit Pascha und Sascha, wir konnten viel zu Kasachstan, v.a. dem Norden fragen und bekamen zum ersten Mal kasachische Konfety (Suessigkeiten, Bonbons), Schokolade zu probieren,  und das sackweise :). Die Firma heisst Rachat und befindet sich in Almaty, unsere naechste Stadt.

Beim Bienenmann

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:38 pm

Das alte Mannchen lud uns zum Tee in sein einstoeckiges Haus ein. Der Innenraum, aufgeteilt in Wohn- und Kuechenraum, war hell und einladend. Vor zwei alten eisernen Bettgestellen stand ein grosser Holzkasten, wo man die Bienenwaben reinhaengen kann. In der Ecke befand sich eine Zentrifuge, in welche die Waben hereingelegt werden, um den Honig rauszuschleudern. Vor dem Fenster stand ein quadratischer Tisch, ausgelegt mit gruenem frischen Dill, der stark roch. Die Zwischenfenster waren etwas mit Moos aufgefuellt, zur Isolierung. An den weissen Waenden hingen zwei Wandteppiche, auf dem einen war eine Darstellung des in teils Gebieten traditionellen Frauenraubes mit Pferd zu sehen. Pascha hatte Kekse mitgebracht, und wir tranken in der Kueche Kraeutertee. Auf dem Tisch stand ein grosses Glas Honig und eine Schuessel mit Wabenresten, d.h. Honig, der an Wachs klebt. Das solle man kauen, meinte der Mann, da seien noch gesunde Pollen (pl’ca) dran. Man duerfe ihn aber nicht in den Tee ruehren, so verliere der Honig generell seine Kraft. Ich machte den Fehler und schluckte das ganze Honig- und Wachsknauel mit Muehe herunter, dabei konnte man den leeren Wachs wieder ausspucken.Der Mann lachte und meinte zu seinem Honig: “Meine Zellen sind alt und sterben nur noch ab, aber nur der Honig kann Zellen wieder aufbauen.” Er kaute auf dem Wachs herum, dabei schob sich sein dicker grauer Schnurrbart immer bis unter die Nase.Er erinnerte mich an ein Portrait eines Malers, der seinen eigenen Vater malte. Weisse Haare, ein Schnurrbart, dunkle faltige Haut und kristallblaue Augen und eine Muetze. War es vielleicht Dix? Ich muss nachsehen. Das Mannchen in seinen langen  Unterhosen, Gummigaloschen und Holzfaellerhemd kam mir nach wenigen Momenten schon so vertraut vor.Er lebe am 17.August schon vierzig Jahre hier oben, jeweils fuer acht Monate. In der Stadt lebe es sich nicht gut fuer ihn. Er haette dort einmal in den Spiegel geschaut und sein aschfahles Gesicht gesehen und begriffen, dass es fuer ihn nur die Berge gibt. Am 23. August werde er 73. Er vermisse lediglich seine Enkelchen, wovon er zehn habe.Selber habe er vier Kinder,die er mit seiner Imkerei etwas unterstuetze, so gut er koenne.Immerhin habe er vom Sommer her schon acht grosse Milcheimer verkaufen koennen zu 1200 Tenge (120.-).Er erklaerte, dass eine volle Wabe etwa vier bis fuenf Kilogramm schwer sei. In jedem Bienenkasten habe es etwa drei bis fuenf Waben. Ich fragte, ob er uns die Kasten zeigen wuerde. Sicherheitshalber gab er uns Imkerhuete und ein zusaetliches Hemd zum UEberziehen. So stapften wir durch seinen Garten und er erzaehlte zu seinen Bienen, seiner Lebenshingabe. An den Baeumen hingen kleine Holzdaecher, wo sich die Bienen, bevor sie losfliegen sich anscheinend versammeln. Ueberall von allen Richtungen surrte es. Pascha schenkte dem Mann eine Flasche Cognac, im Gegenzug erhielt er ein Kilo Honig. Ich glaube es war der beste Honig, den ich jeh hatte, und das ist wirklich wahr. Diesen Geschmack kannte ich zuvor nicht, den Geschmack des Altaj.  

Ladaferien

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:29 pm

Lada, das ist ein positives Wort einerseits, andererseits “das” russische Auto (nebst staedtischem Zhiguli). Ein kompakter kleiner Lada Niva, ein 4×4, stand zu unserer Reise zur Verfuegung. Pascha verspaetete sich um satte zwei Stunden, um “etwa 17Uhr” hatten wir im Office abgemacht, so dass es Diana schon unangenehm wurde. Als er gemuetlich reinkam, meinte er es sei alles bereit, wir muesste nur noch die kleine Sascha bei der Oma abholen. Der Kofferraum war voll, Pascha hatte einen immensen Rucksack und viel, viel Essen dabei. Diana fuhr noch mit bis nach Hause, dort kam uns ein kleines blondes Wesen in Unterhosen und T-Shirt entgegen und stieg auf den Beifahrersitz und begann wie ein Wasserfall zu reden – Sascha. Sascha ist drei und hat den Wortschatz einer Fuenfzigjaehrigen :).Grossmuetter haben ihren Einfluss :). Im Auto spielte sie immer die alte Marktfrau und pries mir unablaessig “gesunde Beeren und nur die besten frischesten Aepfel” an. Ich sagte zu Pascha, sie sei wie ein kleiner fixfertiger Mensch. Sascha guckte mich an und sagte “Ich wachse”. Bis jetzt ist nicht klar, ob das eine Rechtfertigung oder eine Drohung war :). Die Kleine war wie ein Radio, sie schlief ploetzlich mitten im Satz dann aber irgendwann ein. Pascha sagte am folgenden Abend, er schlafe bei Gutenachtgeschichtelesen stets ein. Wir fuhren am ersten Abend an weiten Sonnenblumenfeldern vorbei, einen schmalen schlechten Steinweg hoch und schlugen die erste Nacht die Zelte neben einem Fluesschen auf im hohen Gras. Schlafen gingen wir sehr frueh. Am naechsten Tag fuhren wir zeitig weiter und kamen nach etwa zwei Stunden zu ersten Haeuschen. Huehner gackerten nervoes dem Gock hinterher, der befehlerisch herumkraehte, Kaelber stolperten ueber den staubigen Weg. Pascha redete kurz mit einer aelteren Frau, die ihm von einer “Basika”, Basisstation (Holzhuette), erzaehlte. Wir fuhren noch etwas weiter danach und kamen zu einem kleinen umwucherten Hauschen hochgefahren, das von einem grossen Garten umsaeumt wurde, wo dreissig Bienenkasten standen. Wir stiegen aus, ich zog Sascha ihre kleinen trikolorfarbenen Schuhe an (siehe Titelbild!), und ein alter schnauzbaertiger Mann kam uns bereits entgegen.

In den Altaj

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 1:11 pm

Ziemlich schnell wollten wir herausfinden, wie wir am besten in den Altaj kommen. Wir wollten eigentlich an den Markakolsee, wohin wir aber ohne spezielle Genehmigung (propusk) nicht hindurften. Die Umgebung ist ein Naturreservat und liegt suedlich des Altajgebirges, welches dort die Grenze zu Russland, China und der Mongolei bildet. Da dies als heikles Grenzgebiet gilt, kommt man ohne offizielle Genehmigung, die man bei der Polizei einholen kann, nicht hin.
Viele Reiseanbieter fanden wir in der Stadt gar nicht mehr, so dass ich dann dem ein oder anderen zuerst kurz anrief, um nicht vergebens den Weg zu gehen.
Schliesslich landeten wir in einem modernen, schicken Reisebuero, wo uns eine russische Dame mit dunkelrotem schimmernd getoentem Haar freundlich empfing.
“Prisazhivaetes”, (Setzen Sie sich), seufzte sie laechelnd und schaute uns aufmerksam mit gefalteten Haenden an. Ich erklaerte unser Anliegen, dass wir gerne in die Berge wuerden fuer ein paar Tage, wandern, zelten und so weiter. Sie schlug uns das ‘Sanatorij’ vor beim Berg Belukha (4506m), ein Sanatorium, wo es Heilquellen gibt. Das Ganze entpuppte sich als etwas High-End Tourismus, naemlich teuer und auf Luxuserholung und Kur getrimmt, was ich, wie ich David sagte, gern nach der Pensionierung goennen wuerde, noch nicht jetzt aber. Die Genehmigung stellte auch noch ein Problem dar. Dort hinauf, waere es noch moeglich uns unbemerkt hochzuschmuggeln, doch an den Markakolsee gar nicht. Die Genehmigung beansprucht zehn Tage, so lange wollten wir nicht in Oeskemen bleiben natuerlich. Wir suchten nach Alternativen. Die Frau schlug ein dickes kleines Fotoalbum auf und blaetterte mit langen glitzernden Manicurefingernaegeln ein paar Seiten um. “Baza otdycha”, erklaerte sie (Erholungsort), “kleine Holzhauschen mit allem Comfort, die Gegend ist bezaubernd, man kann Beeren sammeln, auch reiten, fischen (aus dem Swimmingpool!), Ausfluege machen…”
Ich guckte David an, das war es eigentlich nicht, was wir wollten: Ausruhferien im kleinen Holzchalet. Dazu konnte ich mir das ueberhaupt nicht leisten. Die Dame meinte dann, was wir brauchten sei “aktivnyj turizm”, evt. Helfe uns ein anderes Unternehmen weiter und gab uns dessen Adresse. Wir dankten und sagten, wir ueberlegten es uns mit dem Sanatorium, obwohl ich mich eigentlich von der Idee schon verabschiedet hatte.
Es war siedend heiss, unterwegs gingen wir noch schnell in den seichten Fluss plantschen. Ich hatte da immer noch keine anstaendige Badehose, aber Unterwaesche tuts ja auch. Dann legten wir uns auf die schraegen Betonplaten, die den Fluss “kanalisieren” und sonnten uns mehr oder weniger trocken. “Weiterfahren, wenns nicht klappt? Oder sonst was auf eigene Faust unternehmen?” Schwierig, da in der Gegend nicht viel lief und wir sie nicht kannten. Wir kamen nur wegen des Altajs nach Oeskemen.
Gegen fuenf Uhr rafften wir uns auf und suchten das “Imperija turizma” auf, was wir dem Namen nach nicht sofort positiv beurteilten. Doch – Ueberraschung! Es war genau das, was wir von Anfang an brauchten: ein kleiner Laden mit Skiern, Camping- und Zeltausruestung, dahinter ein noch kleineres Buero. Die Frau, die uns ins Buero einlud, stellte sich als Diana vor. Sie war wie alle Mitarbeiter im Laden Russin. Als wir ihr unser Vorhaben eroeffneten, meinte sie, dass es ohne diese verflixte Bewilligung zml schwierig sei, sie aber unbedingt was fuer uns herausfinden moechte. Sie telefonierte hin und her. Die meisten “Gidy” waren selber grad unterwegs, und am naechsten Tag sollte unter dem Belukha ein Festival stattfinden, wo alle sich treffen wuerden. Dorthin koennten wir, meinte sie, mit ihr und anderen, man muesste uns da irgendwie hochschmuggeln. Nach einer Weile tauchten zwei aeltere Damen auf, die man ueberhaupt nicht mit Bergtourismus in Verbindung gebracht haette und nahmen an der beratenden Konferenz um die zwei “Shvejcarca” teil.
Diana meinte “Keine Sorge”, irgendwas finden wir ganz sicher fuer euch. Ich rufe jetzt mal meinem Mann an.”
So kam letztendlich nach zwei Stunden Lagebesprechung heraus, dass ihr Mann mit uns vier Tage in den suedwestlichen Auslaeufer des Altajs fahren koennte. Dabei sollte die kleine Tochter Sascha sein. Etwas spaeter kam Pascha ins Buero, ein braungebrannter schweigsamer Bergler, mit kritischen blauen Augen. Wir unterhielten uns eine Weile und fanden, dass vier Tage dort oben, Wandern von Basis zu Basis ganz toll waere. Wir konnten auch gleich am naechsten Tag losfahren, gegen Abend. So entschieden wir uns mit Pascha und Sascha in die “Bulanka” zu fahren, was die richtige Entscheidung war.
Einzig hatte ich zu der Zeit solche Magenbeschwerden, dass mir permanent leicht uebel war, un d am Abend konnte ich auch kaum was essen. Ich holte mir in der Apotheke ein Puelverchen, und das Grossmuetterchen schien mir unendlich dankbar, dass ich was kaufte und wuenschte mir gute Besserung. Ich hatte sie zwar eigentlich eher konsultieren wollen, um herauszufinden, wie sich die Symptome einer anbrechenden Gastritis aeussern, schliesslich beugt man besser vor J, doch das Puelverchen schien Wunder zu versprechen, und es war ein Produkt der Pharmaindustrie. Es wird schon alles gut warden, sagte ich mir, und so war es auch.

Oeskemen alias Ust’-Kamenogorsk

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 1:05 pm

Wir staunten, als wir uns mit dem Mikroavtobus einer grossen industrialisierten Stadt mit modernen Gebaeuden und breiten Strassen naeherten. Der dreieinhalbstuendige Weg dorthin war ein holpriger Steinweg, der abundzu wieder auf eine kleine Nationalstrasse einbog. Zwischen Semey und Oeskemen liegt Steppe, ein paar verschwindende Doerfer. Entlang der Strasse reiht sich in den Vororten, bzw. Doerfern, MElonenstand an MElonenstand. Kinder hocken mit Melonen und der Handwage im Strassenstaub und warten auf ein anhaltendes Auto. Ab und zu kommen wieder Pferdefuhrwerke vorbei, beladen mit Heu und oft einfach nur vielen Leuten, die von der Feldarbeit heimkommen. Am Strassenrand tauchte ab und zu ein altes sowjetschild in meist phantasievollem Design auf mit C?????????? ????! (Gute Reise). Die Bushaltestellen stammen auch noch aus der selben Zeit meistens und sind oft kompliziert mit aufwendigen nationalen Mustern, halbe Kunstwerke, die langsam ins Broeckeln geraten. Am Avtovokzal (Busbahnhof) wurden wir von einem kleinen Mann grad abgefangen, was wir dann aber gerne zuliessen, muede wie wir waren, und liessen uns ins Hotel Irtysh fahren, auf hundert Umwegen, an jedem erdenklichen Denkmal vorbei. Im Irtysh angekommen, fanden wir schnell heraus, dass der Ort total schick war und ein zml Businessbunker dazu. Die Frau an der Reception zeigte sich aber ganz hilfsbereit und telefonierte fuer uns schnell rum, um an ein guenstiges Zimmer zu kommen. So fanden wir ein Gostinitsja, ein etwas zweifelhaftes zu dem Preis, aber die guenstigste Variante. Dort gab es im Poluljuks (staendiger Begleiter) keine Dusche, auch auf dem Gang nicht.Das Ljukszimmer fuer 4000 Tenge, 40Fr. verfuegte ueber diesen Luxus. Wir konnten die nette Empfangsdame zum Kompromiss 3000 Tenge ueberzeugen. Das Zimmer sah lustig aus. Zwei Zimmer, eines ein etwas heruntergekommener Salon mit violetten golddurchwirkten Vorhaengen, einem dicken Teppich, lila Waenden und kleinem Kronleuchter. Im Buffet lag ein noch buttriges Messer und klebrige Glaeser. Im Nebenzimmer standen zwei Betten. Ein Riesending fanden wir, wir wollten doch nur Bett und Dusche. Das Gebaude war von sich aus kurios, denn es war ein Obshezhitie, ein Wohnheim, wo viele Familien wohnten. Das Zimmer war auf der dritten Etage, ein exklusiver Teil sozusagen dort drin. Neben dem Hotel war eine Bar, wo abends eine ganze Gruppe Tanzgirls vor dem Eingang stand. Wir fragten uns, ob wir aus Versehen in einem Etablissement gelandet waren, dem angeblich “guenstigsten Ort der Stadt”. Fuer drei Tage war es in Ordnung, obwohl das Kaltwasser und somit die Klospuelung aussetzte. Es begann aus der Leitung furchtbar uebelerregend zu stinken.Zum Glueck konnten wir bald raus. Die Stadt Ust-Kamenogorsk ist insgesamt nichts Besonderes. Dort fliesst mehr Geld als in Semey, da sich viel Industrie dort befindet, u.a. die Geldindustrie, Muenzdruck. Abends war schnell mal Ruhe, nicht viel los. Der Bazar war noch witzig, dort konnte ich mir endlich eine Kopftaschenlampe kaufen. Buecherlaeden fand ich keine guten, und spaerlich waren sie auch gesaeht.Essen konnte man dafuer sehr gut und fuer unsere Verhaeltnisse guenstig in einem georgischen Restaurant. Georgisches Essen, ich geb es zu, gehoert immer noch zu meinen Favoriten. Russisches Essen finde ich nur zuhause bei den Leuten gut, in den Cafes finde ich es oft ein Frust. Zuviele graue Backwaren habe ich unterwegs bekommen 🙂 und zuviel Mayonnaise. Kasachisches Essen, d.h. evt. ist es eben auch kirgisisches oder usbekisches, jeder behauptet was anderes, finde ich ganz in Ordnung, aber es besteht hauptsaechlich aus Fleisch. Doch wir sollten noch viel mehr zu kosten bekommen.