September 26, 2006

Bishkek

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:30 pm

Bishkek ist eine sehr klein und gemütlich wirkende Stadt. Wie in Almaty sind die Strassen von alten Eichen gesäumt, deren Stamm stets weiss angestrichen ist. Eine gute Übernachtungsmöglichkeit fanden wir in dem japanischen Guesthouse “Sakura”, das von einem Ehepaar (er Japaner, sie Kirgisin) geleitet wird. Es war gemütlich auf dem kleinen Sitzplatz abends. Immer kam wieder jemand neu dazu, Japaner auf Weltreise, mit Motorrädern, mit Fahrrädern, ein englischer “Expat”, den es nach Sian Xiang verschlagen hat, wo er sich mit Import-Export beschäftigt – sprich mit Export von Trockentomaten nach……..Italien. David besorgte sich mit vielen Nerven ein chinesisches Visum und bekam aber mit Leichtigkeit ein Pakistanivisum. Das hielt uns eine gute Woche in der kirgisischen Hauptstadt. Es gibt ein paar gute Museen, doch insgesamt hat man die Stadt schnell gesehen und trifft auch immer wieder auf dieselben Leute. Zwei Cafés, das “Metro” und das schrecklich klingende “Fatboys” sind ein Anzugspunkt für Touristen oder generell Ausländer. Im Metro hätten wir für Wucherpreise Bücher in verschiedenen europäischen Sprachen kaufen können. Uns ging irgendwann mal die Literatur aus. Im Fatboys konnte man Bücher ausleihen. Das einzige Buch, welches ich fand war “Krieg und Frieden”… mit der Leihfrist gab es da natürlich Probleme ; ). Eine Kollegin aus der Schweiz trafen wir noch, die für ein paar Monate in Kirgistan ist für ihre Liz in Geographie. Es war toll nach so langer Zeit wieder mal selber was zu kochen in ihrer Wohnung. In einem Einkaufszentrum “Beta” konnte man ganz tollen türkischen Kaffee und, noch besser, die türkischen Süssigkeiten bekommen. Mir schien, dass man dort viele Türken oder evt. Iraner auch sah, die sich oft trafen. Bishkek hat jedenfalls einen internationalen Touch, und es ist gemütlich dort ein bisschen zu bleiben, obwohl es selber sicher nicht der Grund ist, nach Kirgistan zu reisen. Kirgistan hat mit seiner natürlichen Schönheit ausserhalb der Stadt das Herz des Besuchers gewonnen. Ich fand es unvergleichlich schön mit den Leuten teetrinkend in der Jurte zu sitzen und den stahlblauen Himmel durch die Dachluke zu sehen.

Am Song Köl

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:28 pm

Wir hatten Glück und fanden einen dritten Mitfahrer an den See, Francise aus Paris, der den sechzehnjährigen Azamat als Guide mitnahm. Unser Fahrer hiess Jussuf, ein älterer Mann mit langem Spitzbart und scheinbar noch drei Zähnen in seinem stets lachendem Mund. Er blieb die ganze Zeit mit uns am Song Köl oben und fuhr uns am Schluss wieder hinunter. Ich bin froh, dass wir ihn dabei hatten, er war so lieb und erklärte immer gerne, wenn man was zu fragen hatte. Die Fahrt an den See dauerte etwa drei Stunden. Die Landschaft war sehr anders als im Norden, nur mehr goldbraun und steinig. Unterwegs fiel Francise ein, dass er seine Kamerabatterie an den Strom hätte hängen müssen, in einer kleinen Siedlung legten wir drum einen kurzen Stopp ein. In einem Haus am Wegrand konnte er die Batterien laden. Zwei Mädchen waren mit einem Lastesel am Wegrand und luden Lehmziegel auf den Wagen. Ein Junge kam mit einer ganzen Pferdeherde vorbeigeritten. Der Song Köl ist ein sehr grosser See, rundherum verläuft das Land lange sehr flach, dann kommen die Berge. Am Ufer entlang sieht man schon von Weitem die weissen Punkte der Jurten und die schwarzen der Kühe und Pferde. Ein Kamel trottete uns sogar entegegen, doch das war entschieden the odd one out unter den Tieren und war etwas einsame Touristenattraktion. Wir fuhren zu einer Siedlung aus mehreren Jurten, wo wir mit Francise zu dritt eine Jurte teilten. Ajgül war die Frau, die mit ihrer Familie das Jurtenlager leitet, als Nebeneinkommen. Das ist der Sinn vom CBT, dass die Familien sich mit Gästen als Nebeneinkommen beschäftigen, so dass man als Besucher eben nicht in ein Hotel sondern in eine Familie geht und die Leute dort sich mit der traditionellen Arbeit beschäftigen können. Wir liefen am ersten Tag lange am See entlang, sahen weit bis zum Horizont und stiessen auf dem Rückweg auf einen Jungen und seinen Bruder, die dabei waren Fischernetze zusammenzulegen. Der Junge wollte unbedingt mit uns Fotos machen und wir liessen ihn knipsen. Seine Mutter kam irgendwann mit dem schwarzen Pferd und stellte sich als Genara vor. Der Junge sprang aufs Pferd und hetzte es in den See, und sie schwammen hinaus, hinaus, bis seine Mutter ihm böse was zuschrie. Anscheinend konnte er noch gar nicht richtig schwimmen. Der Befehl war eindeutig. Sie lud uns zu sich in die Jurte ein zu Khmyz. WIr kamen zu einer kleinen alten Jurte, hinter der sich die Babuschka mit Decken ausgebreitet hatte und mit einer alten Singer Nähmaschine auf dem Boden sass. Sie kam auch zu Khmyz in die Jurte, wo bereits der Dedushka sass mit kleinem grauen Spitzbart. Die Verständigung verlief fast nur noch über Gesten, aber es ging ja ganz gut. Die Khmyz kam direkt aus dem schwarzen Plastikeimer in die Pialas (henkellose Tassen). Sie war nicht mehr ganz so gut, wie wir sie im Chong Aksu bei der anderen Familie hatten, aber auch nicht schlecht. Nach einer Weile verabschiedeten wir uns von der Familie, nachdem das Omin gesprochen war, und liefen zurück. Wir blieben zwei Tage in dem Jurtenlager, schliefen in einer Jurte und assen in der anderen. Der Fahrer Jussuf war stets auch dabei. Es war abends früh dunkel und schnell sehr kalt, da wir sehr hoch oben waren (3016m ü. M.). Eindrücklich war es in den Bergen zu sein und doch solch eine Weite um sich herum zu sehen. Der See lag gross und weit vor uns und hinter uns weites Grasland bis zu den Bergen, wo Kühe und Pferde weideten. Am zweiten Tag gingen wir reiten. Ich verlangte ausdrücklich ruhige Pferde, da David noch nicht so oft auf dem Pferd gesessen hatte. Den Begleiter wollten wir nicht, da das zu teuer gewesen wäre, daher führte ich Davids Pferd von meinem Pferd aus am Strick. Das Problem war nur, dass mein Pferd viel langsamer war als seines, und wir fast nicht vorwärts kamen. Mein Wallach reagierte auf einen Fersendruck, geschweige denn auf einen Schenkeldruck, überhaupt nicht. So entschloss ich die Pferde zu tauschen. Davids Pferd verhielt sich an der Leine sehr gut, doch als Leitpferd hatte es merklich seinen eigenen Kopf. Ich musste kämpfen den mühsamen Racker auf der Spur zu halten. Wir zockelten so zwei bis drei Stunden durch die Gegend – kein wildes Reiterlebnis zugegeben, doch wie man sagt “Man hats mal gemacht.” Am folgenden Morgen fuhren wir wieder runter nach Kochgor, von wo aus wir mit dem Shared Taxi nach Bishkek fuhren, wo eine neue Episode unserer Reise begann.

Kochgor

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:27 pm

Ein Stress am Taxi Stand: ein Mann kam angerannt, wild fuchtelnd und rufend “Taxi, Taxiiiiiiiiii”. Jaja, denkt man sich, nur mal mit der Ruhe. Wir mussten nach einer langen Fahrt erst mal etwas essen, bevor wir weiter nach Kochgor konnten. Der Mann rannte auf die andere Strassenseite davon, wir suchten erst mal ein Cafe am Strassenrand.
Dort assen wir wieder einmal Laghman, den es immer aber auch wirklich immer gibt.
Der Taximann kam mit einem Fahrer angerannt. Die Fahrt war sehr leicht organisiert. Mit der Preisabsprache hatten wir zu dem Zeitpunkt noch keine Probleme ; ).
Mit zwei anderen Leuten im Auto fuhren wir los. Eine Frau musste schnell mit Einkäufen (literweise Getränke, Turnschuhe für einen Neffen, Haushaltwaren) nach Hause chauffiert werden, dabei bogen wir in ein holpersträsschen ein, dass zu einem Minidörfchen führte mit vielen Kindern auf der Strasse und alten Männern mit Kalpak.
Dann fuhren wir nach Kochgor.
In Kochgor suchten wir das CBT Büro, Community Based Tourism, aufgezogen von der Schweizer Organisation Helvetas, welches noch auf hatte nach 19Uhr. Eine Frau und ein Junge namens Azamat, der englisch sprechen konnte, waren dort. Die Frau war eine ziemlich grosse imposante Person, im langen dunkelvioletten Batikkleid und schwarzen Ledergilet (DAS Kleidungsstück in Zentralasien). Beide waren sehr sympathisch und hilfsbereit bei unserer Suche nach einer Übernachtunsmöglichkeit und der Planung eines Ausfluges an den Song Köl (Bergsee), wo sich Jurtenlager befinden. Ein Auto an den Song Köl kostete ziemlich viel, daher suchten wir noch nach jemandem, der mit uns die Fahrt teilen konnten. Azamat schlug uns jedenfalls bereits eine Familie vor, die sich schliesslich als seine eigene herausstellte, was er verschmitzt eröffnete. Er drückte uns ein Plänchen in die Hand und wir fanden bald nach ein bisschen Weghilfe von anderen Leuten sein Haus. Der Blick durch die abendliche Strasse fiel auf hohe Berge im Hintergrund, überall schielten Kinder aus den Toren und riefen “Hello” oder “Hello! What is your name?”.
Als wir durch das blaue Eingangstor traten, kam uns der Vater entgegen und der Bruder von Azamat. Die Mutter stellte sich uns später noch vor. Sie hatten zwei Häuser, ein kleineres mit Küche und ein grösseres mit grossem Esszimmer und mehreren Zimmern für Gäste. Sie wohnten im Sommer im kleinen Teil. Das Haus war reich mit Teppichen und Shyrdaks (bunte Filzteppiche aus Schafswolle) ausgestattet. Hinter einer Mauer begann der Garten, und eine Kalb guckte noch aus seinem Gehege.
Wir bekamen Tee und Nan mit selbstgemachter Aprikosenconfiture. Danach guckten wir uns im Ort noch etwas um und assen irgendwo.
Früh wurde es dunkel, daher waren wir auch nicht lange unterwegs. Mit Taschenlampe fanden wir wieder heim.

Abstecher in die kulinarische Seite Kirgistans

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:16 pm

Die Speisekarte in Kirgistan sieht immer etwa folgendermassen aus: Samsa (blaetterteigartige Taschen mit Fleisch oder Kaese), Manty (Teigtaschen mit Fleisch und unbedingt weissen Fettkluempchen), Plov (Reis mit Fleisch und Gemuese), Shorpo (Bruehe mit oder ohne Stueck Fleisch und Kartoffel), Beshparmak (versch. Fleisch in Bouillon), Laghman (selbergemachte dicke Nudeln mit Fleisch und Gemuese, suppenaehnlich), Boso Laghman (gebratene Nudeln und trocken), Osobyj Laghman (besonderer Laghman ?). Dann kommt das russische Angebot: Pel’meni (Ravioli mit Fleisch und ohne Sauce, wenn dann mit Smetana), russische Mayonnaisesalate, Solyanka (Suppe mit vielen Zutaten und Zitrone und immer genau “einer” Olive), Borschtsch (Rotebeetesuppe mit Fleisch). An vielen Orten bekommt man Dungan Essen, bereits schon (muslimisch) chinesisches Essen, mit z.B. Reisnudelgerichten. Ashlyanfu ist eine Mischung von Laghmannudeln und Reisnudeln, scharf gewuerzt und kalt serviert wie Salat.
Wenn man in den Bergen auf den Jailoos bei Familien zu Besuch ist, sieht das Essen aber etwas anders aus. Dort stehen Milchprodukte im Vordergrund: Milch, Kajmak (schmeckt wie Mascarpone und isst sich mit Brot, was hier Nan heisst und rund und flach wie ein Teller ist und manchmal so benutzt wird), Ajran (Naturejoghurt), Khmyz (fermentierte Pferdemilch, manchmal gemischt mit Kuhmilch). Fleisch ist die Grundnahrung, d.h. Schaffleisch. Getrunken wird landesweit immer Chaj, Gruentee und Schwarztee.
Ich persoenlich mag die Milchprodukte sehr gern. Fleisch ist des Kirgisen erste und wichtigste Nahrung, es kann uns etwas zu viel des Guten werden. V.a. wird das Fett sehr geschaetzt. Dass man in den Manty weisse Fettbaellchen findet, soll keine Qualitaetskritik sein, obwohl wir am Anfang dachten, wie lausig – da noch Fett reinzufuellen!
Da wurden wir aber belehrt: Fett wird sehr geschätzt. Die besten Stücke sind die mit Fett dran. Das entspricht noch einem alten Gesundheits- bzw. Schönheitsempfinden, was es bei uns frueher vermutlich auch gab. Das Tier wird immer ganz verwertet, so dass gezoepfelter Darm und und und keine kulinarische Exotik darstellen. Eine Kollegin erzaehlte von einem Essen in einer Jurte, wo ihnen einige verschmaehte Innereien noch zum “Lunchpaket” im Karton verpackt mitgegeben wurden.
Vegetarier haben es in Kirgistan, grosse Vorwarnung (!), fuerwahr nicht leicht.
Kirgistan – die Fleischessernation, dabei finde ich aber, dass der Umgang mit Tieren und Fleisch sehr natuerlich und bewusst ist. Mir schien, sie moegen die Tiere und schaetzen das Fleisch. Sie arbeiten jeden Tag mit ihren Tieren, schlachten sie selber, verwerten von ihnen alles restlos. Ich hatte kein einziges Mal ein Gefuehl von schlechtem Gewissen, wie wenn ich an der  Migroskasse stehe und ueberlege, ob das nicht doch daneben ist das guenstigere Don Pollo Huhn dem Freilandhuhn vorzuziehen, dabei miteinbeziehend, dass beide Huehner ja sowieso tot sind und es noch danebener waere, wuerde das arme Don Pollo trotz seines schlechten Lebens gar nicht gekauft werden… – Am Schluss stehe ich vor dem Tofu und denke “Die Loesung”.
Ich mag es in Kirgistan den Tieren zugucken zu koennen, wie sie frei durch die Praerie spazieren ohne Grenzen. Abends kommen die Mutterkuehe von alleine nach Hause, weil dort ihre Kaelber auf sie warten. Dabei beginnt ein fast ruehrendes Muhkonzert, endlose Begruessungsszenen. Das hoert sich nun sicher alles furchtbar sentimental und ktischig an, aber – im Ernst! – es ist so. Natuerlich werden die Kuehe nachher von den Leuten gemolken.
Hier ist das Fleisch ein tierisches Produkt, kein Industrieprodukt, das hat mir gut gefallen.

September 18, 2006

Ein paar Worte über das Medium

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 1:57 pm

Manchmal verabscheue ich die Internetcafés. Vielleicht auch zu Unrecht. Man bleibt immer viel zu lange, die Röhrenbildschirme töten die Augen, und brennenden Hunger kriegt man nach zwei Stunden, den man zu lange durchsitzt. Die Laune nach einem langen Internetaufenthalt ist bei mir meistens auf dem eigentlichen Nullpunkt. Eine Stunde ist noch in Ordnung, ab zwei wird es ätzender bei mir. Die Stimmung in einigen Cafés ist auch oft so was von gespalten: da sitzen die nurdish Gamers und knallen sich den ganzen Nachmittag ab, dort die Kontaktfreudigen am Pärchenchat, dort die Infosucher, an einem anderen Ort die Schaulustigen, die auf der Jagd nach irgendwelchen Fotos sind. Da sind noch die vielen Emailaner, die oft über die Hälfte ausmachen und mit einem gewissen Ernst sich ihrer Post widmen. Die Blogger nicht zu vergessen, hier meistens Ausländer, die sich genervt umdrehen, wenn die Gamer wieder mal zu laut sind und bei Gedankengängen mit Schiessen und Schreien stören.
Wenn ich nach einem Zeitungsartikel von Tagi oder was auch immer Online informiert und gleichgültig das Café verlasse, verlässt gleichzeitig eine betrübte Chatterin das Cafe, eine Muslimin, die von Hassan aus dem Internet eine eisige Absage bekommen hat. Dabei unterscheiden sich unsere Gesichter nicht im Geringsten, dieselbe Bildschirmausstrahlung hat uns befallen und wir trotten aneinander vorbei in die befreiende Abendluft.

September 16, 2006

Tamga, Wohnung Nr.36 – Irinas Welt

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:46 pm

Da Karakol nicht am Issyk Kul liegt, wir aber schon einen guten Vorgeschmack des grossen Sees bekommen hatten, wollten wir unbedingt noch an der schoeneren Suedkueste entlangfahren. Mit einem alten schepprigen Bus und, o weh, einem noch viel aelteren Fahrer, ein hageres langsames Maennchen in den Achtzigern, brausten wir los. Die Fahrt war gar nicht so schlecht, und heute weiss ich, dass ich hier immer lieber mit einem Greis mitfahre als mit einem jungen Typen. Die Landschaft am See ist trocken braun, die Berge erheben sich im Dunst hinter gruenen Pappelwaeldern und Alleen. Wie wir am See entlangkurvten, sahen wir immer wieder groessere und kleinere Straende, an denen sich lustigerweise meistens nur Kuehe raekelten. In Tamga stiegen wir aus und sahen bis auf die Bushaltestelle, den See dahinter und einen grossen braunen Huegel auf der anderen Seite gar nichts. Ab und zu kamen heubeladene Lastwagen herangefahren, die so beladen waren, dass der Fahrer im Fuehrerhaeuschen nicht mehr zu sehen war. David fand, dass die Laster aussahen wie grosse Pumuckls. Mit unserem Gepaeck liefen wir den Huegel hoch, um in das Doerfchen Tamga zu kommen, wo anteilsmaessig mehr Russen wohnen. Es war sehr heiss an dem Tag, und wir begannen uns schon wegen Bloedsinn mal wieder leicht zu streiten, von wegen “Links”-“Nein, rechts, komm jetzt..” und dem Ueblichen, was halt waehrend einer gemeinsamen Reise so auftauchen kann. Wir suchten ein Guesthouse. Die Strassen in Tamga sind eigentlich einfach Wege, und  Strassenschilder existieren in dem Sinne nicht. Manchmal steht was. Die Hausnummern sind aber vorhanden. ICh weiss nicht, war die Hausnummer falsch oder das Hotel ganz an einem anderen Ort, wir liefen die staubige Strasse richtung Sanatorium hoch, dort um die Kurve und waren wieder am Dorfrand. Da kam vom Feld eine Frau auf uns zu mit Kartoffeln, Kohl und Aepfeln bepackt und im  Strohhut. Ich fragte sie, ob sie eine Idee haette, wo das Guesthouse sein koennte. Sie stellte schwer atmend das Gemuese hin und hielt einen MOment inne. Schliesslich schlug sie vor bei ihr zu uebernachten, sie wohne gleich im kleinen Wohnblock im Sanatoriumsgelaende. Wir waren einverstanden. Die Frau stellte sich vor als Irina, sie war Russin und etwa um 65. Ein richtiges Mami. Sie erklaerte sicher zehnmal auf welcher Etage sie wohnt und die Wohnungsnummer – die naemliche Nummer 36. Das Sanatorium, ein Relikt aus Sowjet-Glanz-und-Gloria-Tourismus, sah stillgelegt aus, obwohl einige “russische Sportler” dort oft unterkaemen oder andere Gaeste. Bei Irina zuhause war es sehr gemuetlich und belustigend eigenartig. Im WOhnzimmer, wo zwei Betten fuer Gaeste  bereitstanden, schien sich seit den 70er,80ern nichts mehr veraendert zu haben. Die Zeitschriften aus der Zeit lagen da, als waeren sie am Vortag eben grad noch gelesen und kurz zur Seite gelegt worden. Kirgisisch waren die grossen Wandteppiche, russisch die alten Schwarzweissfotos. Irina hat kein Gas in der Wohnung und kein warmes Wasser. Gut sei es gewesen in der Sowjetunion daher, meinte sie, alles sei gratis gewesen oder billig und vor allem vorhanden. Irgendwann sei das warme Wasser verschwunden, irgendwann das Gas. Der Hahn wurde zugedreht. Im Badezimmerchen kochte sie die Kartoffeln auf einer elektrischen Platte. ICh las etwas, und David schlief kurz. Wir sahen aus wie ein Ehepaar aus den 60/er Jahren in dem Interieur. Irina kochte uns Kartoffeln, dazu gab es Gurken, Speck (nur das Fett davon, gesalzen, unverdaubar wahrscheinlich aber essbar) und Mayonnaise und natuerlich Schwarztee. An der Kuechenwand hing eine grosse Weltkarte. Fast drei Stunden sassen wir mit ihr in der Kueche und redeten. Fast vergassen wir den Issyk Kul, wo wir doch baden wollten. Sie hatte frueher im Sanatorium als Physiotherapeutin gearbeitet und wohnte daher in dem Block, der zum Sanatorium gehoert. Sie kommt urspruenglich aus Omsk, hat aber kirgisische Staatsbuergerschaft. In ihrem Pass steht: Buergerin Kirgistans, Nationalitaet: Russin. Sie haette es verpasst damals die russische Staatsbuergerschaft anzunehmen, das waere wohl besser gewesen. In der Sowjetunion sei halt alles offen gewesen. Sie haetten sehr wenig. Russland gilt als reicheres Land,wobei ich immer den Eindruck habe, dass sich das im Verhaeltnis wieder aufhebt. Rentner leben auch in Russland erbaermlich. Es sei gerade eine Zeit, in der viele Russen nach Russland abwanderten. Ab 2007 soll in Kirgistan Kirgisisch offizielle Amtssprache werden, und auch Lehrmaterial soll in kirgisischer Sprache verfasst werden, das sei eine Motivation fuer viele zu gehen. In der englischsprachigen Zeitung Central Asia News lasen wir spaeter genauer darueber. Vladimir Putin verabschiedete ein Gesetz, laut dem ab 2007 Russen, die im Ausland oder ehemaligen Sowjtetrepubliken leben, erleichtert in Russland eingebuergert werden und zum Neuanfang unterstuetzt werden sollen. Bis jetzt sind schon Tausende von Russen in ihre Heimat zurueck. Wir fragen uns, was das wohl fuer Folgen fuer die jeweiligen zentralasiatischen Laender hat. Gegen fuenf Uhr rissen wir uns mal los, den dritten Tee dankend ablehnend und liefen zum See hinunter. Der Weg war ziemlich lang und endete am supersowjetischen Sanatoriumstor, einer Trouvaille von Sowjetkitsch. So schoen! Links und rechts vom grossen bunten Torbogen standen Fallschirmspringer und natuerlich FallschirmspringerIn in Lebensgroesse und salutierten, den kleinen Rucksack auf den Ruecken geschnallt. Am See unten gab es tatsaechlich einen kleinen umzaeunten Sportplatz, der so bunt war wie ein Spielplatz. Dort stemmten starke Russen Hanteln und sprangen Seil. Ab und zu rannten wieder zwei Jungs an uns vorbei. Am See waren wir fast alleine. Weit weg fuhr einer Wasserski, krampfhaft das Seil haltend hinter dem orangen Boot. So war der Issyk Kul wirklich schoen, eindruecklich wie das Meer. Eine grosse bunte Raupe kroch ploetzlich ueber meinen Fuss. Nachdem wir diese von ihrem Seeweg abhalten konnten, liefen wir alles wieder hoch. Im Sanatorium gab es ein kahles Cafe, wo es aber guten Laghman (Nudeln, Fleisch, Tomaten) gab und Tee. Das Dorf war gegen Abend ausgestorben, Kuehe liefen durch die Strassen auf dem Heimweg nach einem langen Weidetag. Ein paar Frauen unterhielten sich kauernd am Wegrand. Alte Maenner sassen vor den Hauseingaengen in ihren Kalpaks (kirgisischer hoher Filzhut). Irina hatte uns vor “betrunkenen Kirgisen”gewarnt, die sehr unangenehm sein koennten. Ab und zu werde ein Sportler von solchen in die Mangel genommen. Die Leute seien im Grunde genommen gut, doch sie vertruegen nun mal keinen Alkohol. Ich hatte sie gefragt, ob es Konflikte gaebe zwischen Kirgisen und Russen. Sie sagte ja, das gaebe es. Im Gross und Ganzen eigentlich nicht, doch auf gewissener Ebene schon, im Dorf z.B. unter der aelteren Bevoelkerung, manchmal unter den Jungen, wenn sie getrunken haetten und einen Grund zu streiten suchten.
Am naechsten Morgen verliessen wir bei Zeiten, nach kraeftigem Fruehstueck mit Plov (Reisgericht mit Fleisch) Irinas kleine Siebzigerjahrewelt und gingen zur Bushaltestelle. Zu erst allerdings gingen wir am Strand hinter der Haltestelle nochmals baden ;).
Auf den Bus warteten wir schliesslich ueber zwei Stunden, die kleinen Busse waren meistens bereits ueberfuellt. Autos hielten selten an oder verlangten viel zu viel nach Kochgor. Ein Mann kauerte dort mit uns, einer der irgendwann schrecklich was abbekommen haben musste, Narben verliefen ueber Stirn und Wangen, ein Ohr war nur noch ganz schlecht. Er half uns einen Bus zu finden und in Bakonbayevo umzusteigen. EIn Paar Russen waren per Autostop und mit Wassermelone unterwegs. Niemand nahm sie aber mit, so liefen sie zu Fuss los. Wir schafften es irgendwann einen Bus mit wenig Platz zu finden. Ein neuer Abschnitt begann – Kochgor und die Fahrt an den Song Koel (Koel bedeutet im kirg. “See”).

September 11, 2006

Das zerbrochene Herz und das Blumental

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:46 pm

Der Mann aus dem Gasthaus war bereit uns bis zum Talbeginn hochzufahren. Anfaenglich wurde uns ein riesiges Busmobil angeboten, was uns grad etwas uebertrieben vorkam. Schliesslich fuhren wir in seinem weissen Kombi mit. Die Landschaft war sehr trocken, gegen Talbeginn hoch wurden die Steine roeter und roeter. Am Strassenrand sass irgendwo ein Junge und spielte Gitarre. Von weitem sahen wir einen riesigen, roten, in der Mitte gespaltenen Felsen – “Razbitoe serdce”, das gebrochene Herz. Ein schoenes Maedchen soll mal zwei Verehrer gehabt haben, die sich im Streit um sie toeteten. Dabei brach ihr Herz entzwei.
Dort hatte es einige Haeuser und ein Sanatorium, was einfach in den meisten Faellen ein Kurort ist. In einem Cafe assen wir zuerst noch was. Ein paar Jungen sassen auf der Terrasse und feierten etwas mit Vodka. Wir sassen im Schneidersitz am niederen Tisch und assen Ashlyanfu.
Die kleine Tochter half mit und kassierte am Schluss bei uns ein.
Wir liefen etwa zwei Stunden hoch ins Tal. Blumen hatte es um die Jahreszeit natuerlich nicht. Dafuer viele Jurten und viele Pferde. Unterwegs trafen wir auf eine kirgisische Familie, die zur Erhohlung hochfuhr. Ein Stueck liefen wir mit ihr zusammen hoch. Dort hinten sieht es aus wie in unseren Schweizer Bergen. Es koennte irgendwo beim Spluegenpass sein.
Ein Berg heisst sogar “Pik Jelzin”, aber kaum, weil dieser es da hinauf geschafft hat, sondern weil im Sanatorium einmal ein Treffen mit Kirgistans Ex-Praesidenten Akaev stattgefunden hatte. Uebrigens hatte Jurij Gagarin seinerzeit dort oben die Ferien verbracht.
Wir jedenfalls schlugen den Weg zum einen Talende ein, wo mehrere Jailoos (Sommerjurtenlager) standen. In einem kleinen Gehege waren ein paar Fohlen. Hunde kamen auf uns zugerannt. Zwei Paar neugierig skeptischer Kinderaugen waren auf uns gerichtet.
Eine Frau kam schuechtern auf uns zu. Ich fragte sie, ob es moeglich waere in der Naehe ihrer Jurte unser Zelt aufzuschlagen. Sie meinte laechelnd, da muesse sie schnell ihren Mann fragen. Ihr Mann, ein hagerer Mann mit ausschliesslich Goldzaehnen im Mund, kam aus der Jurte. “Selbverstaendlich”, meinte er, “Sajkal, komm mit. Finde einen guten Zeltplatz.” Das Maedchen mit dem Namen Sajkal rannte mit ihrer kleinen Schwester auf den Huegel und tappte mit dem Fuss auf die Erde. Dort war unser Lagerplatz. Keine Minute Ruhe war uns beschieden ;). Die beiden kleinen Maedchen sassen, lagen, standen vor unserem Zelt und warteten jede Bewegung ab, die wir machten und staunten jeweils oder lachten verschmitzt. Sajkal war im Gegensatz zu ihrer Schwester ganz dunkel und trug einen roten Pullover mit der Aufschrift “Adiads”. Ihre Schwester, die einen etwas schwierig einzupraegenden Namen trug, war kurzgeschoren, wie das viele Kinder sind, und blond. Sie legte ihre Stirn meistens in tausend skeptische Faeltchen. Als wir das Zelt aufgestellt hatten, machten wir eine kleine “Fuehrung”. Alle waren ab unserem kleinen koreanischen Zweierzelt begeistert. Lustig, wir fanden die Jurte natuerlich interessanter. Irgendwann kamen noch die Nachbarsmaedchen von oben und gesellten sich zur Kindergesellschaft vor unserem Zelt. Das eine Nachbarsmaedchen lernte in der Schule bereits Russisch, und wir konnten uns so unterhalten. Ich glaube, sie war ganz stolz vor allen anderen Kindern soviel mit uns plaudern zu koennen. Ihre Hobbies waren Karaoke und Lernen, wie ich herausgefunden habe. Es sei etwas langweilig langsam auf dem Jailoo, aber bald beginne wieder die Schule im September, dann koennten sie wieder runter.
Wir kochten unser Abendessen auf dem Spirituskocher. Die Maedchen hockten die ganze Zeit neben uns und schauten gespannt zu.
Der Vater sagte uns, er werde nachts ein Auge auf unser Zelt haben. Es gaebe viele Tiere dort oben, wir muessten aber keine Angst haben. Die Frau meinte aber, sie haette schon etwas Angst in diesem kleinen Zelt, doch ihr Mann passe gut auf.
Nachts merkten wir auch, was sie meinten. Die Kuehe mussten wir einige Male wegjagen. Das Geschnueffel im Ohr weckt doch einigermassen. Einmal hoerten wir lautes Pferdegewieher, dann bebte die Erde um unser Zelt ab sprengendem Galopp. Da war uns schon nicht mehr so wohl. Als wir rausguckten, sahen wir zwar nur Schwarz, doch die Maenner waren aus der Jurte gekommen und liefen mit den Taschenlampen herum und so schien uns alles in Ordnung.
Am Morgen beim Fruehstueck fragte ich, was gewesen sei. Ein fremder Hengst war von irgendwoher zum Lager gekommen. Ihr Hengst haette mit diesem einen Kampf angefangen.
Zur Familie gehoerten noch zwei Jungen im Alter von 19 und 26, Sultan und Mirlan. Mit ihnen gingen wir ein paar Stunden mit den Pferden in die Berge hoch. David sass bei Sultan vorne oben auf dem Pferd. Mirlan sprang manchmal hinten auf mein Pferd hoch, eine Stute mit “Anhang”, Fohlen. Mein Pferd hatte gar keinen Namen, da taufte ich sie Carla, nach einer Person, die im Buch Shantaram vorkommt. Das Fuellen benannte ich dann so halbwegs nach Carlito, einem Cousin meiner Mutter. Als wir beim Wasserfall waren, kletterte Sultan die Steine hoch, damit wir von ihm ein Bild machen. Irgendwann mussten wir rufen “Ist gut, wir glauben es reicht jetzt. So hoch musst du auch nicht rauf!” Die Bilder versprachen wir ihnen spaeter zu schicken. Ich hatte auch viele Fotos von den Maedchen gemacht.
Gegen Abend brachen wir unsere Zelte ab, verabschiedeten uns von der Familie und suchten zuerst nach einer Fahrgelegenheit. Wir mussten zuerst ein Stueck zu Fuss gehen, dann fuhr ploetzlich ein rechtsgesteuertes Buesschen vorbei. Drin lief laute kirgisische Volksmusik. Nach diesen Kassetten hielt ich spaeter auf dem Markt noch Ausschau. An der Nationalstrasse warteten wir dann auf einen Bus nach Karakol zurueck. Am Strassenrand beim Laden standen Kinder, die uns ganz stolz tausendmal “Hello, hello!” zuschrien.

Karakol

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 1:59 pm

Mit einem grossen Bus fuhren wir nach Karakol. Der Bus hielt unterwegs ueberall wieder – mal im Dorf, mal mitten auf dem Feld. Leute transportierten grosse Melonen, Saecke mit irgendwas drin, vielleicht Kartoffeln. Die Doerfer sind kleine Weiler aus Lehmhaeuesern, die meistens aber weiss und blau angestrichen sind.Kleine Kinder laufen an der Strasse entlang, schauen dem Bus nach. Die alten Leute sitzen auch da, und schauen den vorbeifahrenden Fahrzeugen zu. Die Bevoelkerung scheint auch auf den Doerfern gemischt zu sein. Unter vielen spielenden dunkeln Haarschoepfen erblickt man ploetzlich hin und wieder einen kleinen blonden.
Nach etwa drei Stunden kamen wir am Busbahnhof in Karakol an. Taxisten erspaehten uns sofort, daher mussten wir keine Sekunde lang nach einem Taxi in die Ortschaftsmitte suchen.
Wir fuhren zum Guesthouse Terskey, das von einem aelteren Ehepaar gefuehrt wird. Zum ersten Mal nach der Wanderung konnten wir dort wieder einmal duschen. Wir hatten solange mit dem See Vorlieb genommen.Im Guesthouse gab es einige Zimmer. Unser Zimmer war an den Waenden mit zwei grossen Teppichen bespannt. Manchmal weiss man liegend wirklich nicht mehr, wo oben und unten ist.
Ich fand noch eine altes Buch ueber die Sowjetische Republik Kirgistan, herausgegeben in Frunze (heutiges Bishkek) 1982. Es war sehr sympathisch bei dem Ehepaar. Es gab einen kleinen Garten und einen kurzbeinigen Hund. Sie pflanzten auch einige Fruechte im Garten an. ZUr Zeit, als wir dort waren, hatte es auch einige andere Reisende aus Frankreich, Italien, der Schweiz… Es war ein guter Ort, sich ein bisschen auszuruhen, mal was zu lesen oder zu schreiben.
Als wir abends von dem verschlafenen Quartierweg, wo manchmal einzelne Kaelber entlangspazieren, in das Zentrum liefen, eroeffnete sich uns ein ziemlich verlassenes Bild.
Es dunkelte, und wir merkten, dass es in dem ganzen Staedtchen keine Strassenbeleuchtung gab. Im Zentrum befindet sich ein sehr sowjetischer Park – Wandeln auf Betonplatten und vorbei an irgendwelchen Helden. Lenin steht auch ganz in der Naehe in Aufbruchspose.
Es gibt aber viele Restaurants entlang der Strasse, die sich in der Stadtmitte befindet. Die Haeuser sind klein und aus Holz, bunt angestrichen. Das war fast eine kleine Westernstrasse ;).
Dort fanden wir das Restaurant Zarina, wo man sehr gut essen konnte. Zum ersten Mal hatten wir dort das Dungan Essen. DIe Dungan sind muslimische Chinesen, die nebst den Uyghuren zahlreich in Kirgistan leben oder generell nahe zur chinesischen Grenze.
Ashlyanfu ist z.B. ein Gericht aus Nudeln, die es im zentralasiatischen Laghman auch gibt, und Reisnudeln, scharf gewuerzt. Das mag ich ziemlich gerne. Ganfan ist auch sehr gut, das ist eigentlich ein Ratatouille.
Eine chinesische Moschee gibt es unweit vom Zentrum. Bis auf den kleinen hoelzernen Turm mit glaenzendem Halbmoendchen, wuerde man das Gebaeude nicht fuer eine Moschee halten. Sie sieht in ihren bunten Farben und dem gefaecherten Dach aus wie ein buddhistischer Tempel. Sie besteht gaenzlich aus Holz und soll keinen einzigen Nagel enthalten.
Dorthin verschlug es uns, als wir HInterhoefe mit bunten Teppichen ueberquerend einen Laden mit Gaskochern suchten.Dieser befand sich auf dem dritten Stock eines Haeuserblockes. Sie hatten dort zwar keine Gaskocher, doch die Leute hatten dort so Spass, dass wir vorbeikommen, dass wir sicher fast eine halbe Stunde dort blieben. Die Frau im Buero vermittelte auch Unterkunft oder Touren, ich erinner mich nicht mehr genau, und war aeusserst reizend. Sie telefonierte in eine andere Reiseagentur und fragte nach Gaskochern.
Dort fanden wir schliesslich was wir brauchten. Wir planten einen Ausflug ins Tal der Blumen “Dolina Cvetov”.

September 9, 2006

Zu Gast bei Rosa und ihren Kindern

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:59 pm

Wie erwaehnt verschlug es uns fuer einen Tag nach Cholpon Ata. Die kleine Frau, die mit einem Schild, wie es Dutzende tun, an der Strasse auf Leute wartete und uns als erste Person in Cholpon Ata ansprach, stellte sich uns als Rosa vor. Sie sprach sehr gut englisch, und wir waren muede und sagten gleich zu.
Zugegeben war ihr Haus so ziemliche eines der abgelegensten. Man hat keine Chance nachts das Haus selber zu finden, da es weder Strassenschilder, noch Strassenbeleuchtung gibt. Die Kopftaschenlampe bewaehrt sich in Kirgistan!
Sie fuehrt mit ihrer Familie ein Cafe mitten in dem Touristenknaeuel, dabei war es tatsaechlich das einzige, welches uns zusagte. Die Tochter und der Sohn helfen mit. Die Kinder haben den Wunsch ein eigenes Haus zu bauen, daher haben sie das Projekt mit dem Homestay und dem Cafe aufgezogen. Abends sassen wir dem Sohn noch etwas draussen. David und er sahen ploetzlich einen herunterfallenden Kometen. Das Haus war ein Lehmhaus, die alte Haelfte weiss uebertuencht. Sie schliefen in einem Raum gegenueber, was wohl die Kueche mit Zusatzraum war. Der Garten war sehr gross mit vielen Aepfel- und Aprikosenbaeumen. Auf einem Holztischchen waren Fruechte und Chili zum Trocknen ausgelegt. Das Klo war weit hinten hinter den Aepfelbaeumen, wo ich lustiges WC Papier vorfand – das Englishheft von einem der KInder, Stufe 1 mit vielen bunten Zeichnungen. Etwas zu schade eigentlich, und ich nahms warum auch immer als Andenken mit.
Was wir vielleicht haetten machen koennen in Cholpon Ata und nicht machten, waren die Petroglyphs (Hoehlen-, Steinmalereien aus der Steinzeit) angucken. Dazu reichte uns die Zeit nicht mehr, da wir unbedingt schnell weiter wollten nach Karakol. Wir verabschiedeten uns von allen, tauschten Adressen und rauschten sozusagen davon. Es war sehr herzlich und nett bei den LEuten, doch der Ort selber ist voellig ueberlaufen. Wir reisten weiter entlang des Issyk Kul.

September 5, 2006

Über die Grenze nach Kirgistan / eine viertägige Wanderung von Freitag bis Montag 21. August

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 6:07 pm

Vorbereitungen 

Wir gingen in die von dem russischen “Gid” empfohlene Agentur vorbei und lernten Jurij kennen. Er war etwas lustlos aufs Erste, schien mit Allem zwar einverstanden, doch blieb zurückhaltend vorerst. Der Grund lag darin, dass er die Grenzüberschreitung für uns als problematisch betrachtete. Es ist wahr, vor etwa zwei Jahren wurden die Grenzbestimmungen geändert, Ausländer können nicht mehr so einfach über die grüne Grenze. Das lasen wir auch in unserem Guidebook. Doch was sollten wir machen? Wir hatten uns in den Kopf gesetzt dort rüberzuwandern. Die Grenzpatrouille befinde sich im Chong Kemin Tal, er wisse nicht, ob die uns zurückschicken oder uns mit einer Busse belegen würde. Er würde es nicht riskieren, sagte er. Es sah so aus, als wäre er deshalb nicht  bereit mitzukommen, was verständlich ist. Wir brauchen für jedes Land offiziell Einreisestempel und Ausreisestempel, wobei Ersterer bei der Ausreise wichtig ist. Die Patrouille gebe keine Einreisestempel, den müsse man sich sonst irgendwie besorgen.
Ich fragte, ob es denn Leute gäbe, die die Tour trotzdem machen. Darauf meinte er, er könne sich umfragen und uns abends oder am nächsten Tag Bescheid geben.
Am nächsten Morgen rief ich an, und Jurij sagte, es gäbe anscheinend Leute, die es wagen. “Na gut, dann fahren wir.” Somit wars entschieden, wir bereiteten uns vor auf den nächsten Morgen. Auf dem Zelenyj Rynok gingen wir Proviant für über vier Tage vorsorglich einkaufen, leichte Sachen vorwiegend, da unsere Rucksäcke schon schwer sind. Ich hatte bisher immer wieder unterwegs Sachen weggegeben , um das Gepäck möglichst tragbar zu halten. Irgendwo schnappte ich mich mir noch ein Shubat, Kamelmilch, war aber nicht so hingerissen davon. Khmyz oder Kumuz, fermentierte Pferdemilch, schmeckt mir besser. Aber frisch wäre Shubat vielleicht auch was Anderes.

Erster Tag

Um neun Uhr kam Jurij mit einem Fahrer im diesmal beigen Lada Niva, demselben Modell wie in Ust’-Kamenogorsk, angefahren.
Wir fuhren eigenlich weiter als es das Auto ertrug, streckenweise blieb es spulend stecken. Jurij wollte an anfänglichen Höhenmetern gewinnen, da der Weg vor uns sowieso noch lang und teils steil werden würde.
Zuerst mussten wir Schuhe ausziehen und durch einen eiskalten Gletscherfluss waten.  Die Füsse sterben danach fast ab. Das sollte nicht das letzte Mal sein, dass wir durch einen Fluss mussten. Nur ein Fluss war hüfttief, das war um sieben Uhr morgens früh schon gar etwas hart ; ).
Wir kamen am ersten Tag schon gut vorwärts und erreichten gegen Abend das Chong Kemin Tal, wo der Fluss Kemin (Chong heisst auf kirgisisch “gross”) durchfliesst durch mittlerweile dürres Grasland. In der Ferne weideten Pferde und Kühe. Weit weg waren Jurtensommelager, Jailoos, zu sehen.
Wir schlugen unsere beiden Zelte auf und begannen auf Jurijs Gaskochplatte zu kochen.  Um die Zeit kamen drei Kirgisen auf Pferden vorbei, einer davon war der Nationalparkinspektor. Wir mussten etwas bezahlen für das Zelten und bekamen die “Warnung”, dass die “pogranicniki” am nächsten morgen früh durchs Tal reiten würden. Jurij meinte, wir sollten diese eher meiden, und so entschieden wir allerspätestens um sieben Uhr aufzubrechen.
Wir gingen auch früh schlafen, es wehte ein kalter Wind, und Jurij war so gut und hat uns allen Arbeiterhandschuhe gekauft, mit denen  das Zeltauf- und -abbauen viel leichter war. In der Nacht war es ziemlich kalt, ich behielt alle meine Kleider plus Faserpelz an.

Zweiter Tag 

Am Morgen hörten wir Wiehern. Als ich aus dem Zelt äugte, war eine ganze Pferdeherde am Hügel versammelt, ein Mann trieb sie das Tal hinunter. Wir tranken schnell Tee, packten unsere Sachen ein und gingen weiter. Zuerst, nach 15 Metern, mussten wir gleich durch den hüfttiefen Gletscherbach. Eine knappe Stunde später mussten wir über den eiskalten Chong Kemin. Da war am Ende des Tals ein kleiner Bergsee, zu dem man hätte raufgehen können, doch wir wollten möglichst nichts mit den Grenzpatrouillen riskieren. So liessen wir diese Schönheit aus und wanderten richtung Aksu Gletscher hoch. Wo hin man schaute, überall erspähte man einen Gletscher, zumindest noch eine Zunge davon oder eine gewaltige Moräne.
Es war anstrengend, oft über die kleinen Felsen zu spingen. Unterwegs sahen wir die ganze Zeit grosse dicke Murmelchen (Sorok), die herumquietschten oder sich neben ihrem Erdloch sonnten. Zum ersten Mal sah ich Hermeline, kleine Tierchen mit kurzem Schwänzchen. EInen Adler hatten wir übrigens ganz zu Anfang, am ersten Tag gesehen.
Wir schlugen unser Lager direkt unter dem Gletscher Aksu auf. Dort war alles steinig. Die Bäche waren milchig trüb vom Gletscherwasser. Bäche vom Berg weiter oben waren gegen Abend tiefbraun und das Wasser unmöglich mehr verwendbar. Am Nachmittag legten wir uns in das noch warme Zelt und lasen. Wir waren gegen 8 Stunden unterwegs gewesen. Wir tranken mit Jurij Tee und erzählten uns viele Dinge.

Dritter Tag

Am dritten Tag liefen wir den Gletscher hoch, eine Mondlandschaft. Grosse Steine lagen auf kleinen und sahen aus wie Pilze, da das Eis abgesunken war. Manchmal sah man in eine tiefe Spalte in kristallen leuchtendes, kaltes Blau, woraus es von tief unten rauschte und gluckste. Es war schön. Ich war das erste Mal auf einem Gletscher, ich wollte das immer schon mal, doch ich dachte man müsse speziell dazu ausgerüstet gehen, sonst wäre es zu gefährlich.
Ich hatte den Eindruck, dass mein Rucksack immer schwerer wird, als wir ganz steil einen kleinen Weg ueber eine Steinhalde heraufsteigen mussten zum Aksu Pass. Da hatte ich mit dem Rucksack ziemlich Mühe. Es ging, aber ich musste ganz langsam hoch. Hinter uns änderte das Wetter, und es trieb uns an zügig weiterzugehen. Nun mussten wir alles wieder hinunter ins Aksu Tal. Das dauerte auch eine Weile, dort unten schliesslich mussten wir noch einmal durch einen Bach waten. Dann gingen wir auch gleich weiter talabwärts.

Ankunft in Kirgistan (bzw. in der Zivilisation)

Das Tal ist sehr, sehr lang. In einem Tag Fussmarsch kommt man kaum runter. Wir waren sehr müde, stolperten bis Abend weiter und weiter, um unser Zelt in der Nähe eines Jailoos aufstellen zu können. Wir wollten am nächsten Tag mit jemandem hinunterfahren. Irgendwo unterwegs sah ich eine Frau mit Pferden, die zu uns guckte. Ich winkte ihr zu, sie winkte zurück und ritt uns kurz darauf nach. Als sie uns einholte, sah ich, dass es ein ganz altes Frauchen war in pinken Tapocki (Plastiklatschen). Sie bot uns an das Gepäck aufzuladen. Es fahre um 17h ein Wagen nach Grigorievka an den Issyk Kul hinunter. Wir hatten aber soviel Gepäck, welches auf dem Pferd nie und nimmer anzubinden gewesen wäre. Wir wären gleich schnell gewesen. Wir fragten, wieviel es kosten würde, dabei zeichnete sie die Zahl 100 mit dem Zeigefinger in die Luft “Eins und Null, Null”.
Wir dankten ihr, gingen aber so wie bisher weiter. Gegen sieben Uhr kamen wir zum ersten grösseren Jailoo. Eine alte Frau winkte uns mit dem Winken aus dem Handgelenk, wobei sich die Hand im Kreis dreht. Von unten kam ein Mann auf dem Pferd auf uns zugeritten. Als er bei uns war, liess er sich schlapp vorüberkippen, um mit uns zu sprechen. Der schnauzbärtige Mann war stockbetrunken und sass dank lebenslänglicher Erfahrung noch im Sattel. Er wollte uns ein Auto andrehen für viel zu viel Geld. Er fragte wie wir heissen und schien höchst entzückt. Doch irgendwie brachten wirs mit ihm nicht weiter und wollten eigentlich lieber zur Jurte. Die Grossmutter kam mit einem Enkelkind zu uns, und Jurij meinte zu mir “Geht mit der Babuschka mit. Ich versuch den hier irgendwie loszuwerden.”
Die Grossmutter war eine sehr sympathische Frau im langen violetten Kittel, hintenzugeknöpften Kopftuch und mit einer ganzen Reihe blitzender Goldzähne. Das Enkelkind hatte unwahrscheinlich volle rote Backen und viel Milch um den kleinen Mund, der zwischen den Backen fast verschwand. Vor der Jurte spielten junge Hunde, im Gehege waren nur die Kälbchen, alle schienen auf die Erwachsenen zu warten, die abends von der Weide runterkommen. Die Babuschka sprach noch etwas russisch. Wir bekamen Ajran und Khmyz zu trinken. Ajran ist Joghurt. Es waren insgesamt vier Kinder und noch ein paar ältere Jungs zuhause. Ich wusste nicht genau, wer mit wem wie verwandt ist. Rachat war jedenfalls die Mutter von dem kleinen rotbackigen Mädchen in der bunten Blumenveste. Sie selber war ganz in Pink, von Kopf bis Fuss. Die Familie leuchtete in Farben. Ich schenkte den Kindern die letzten kasachischen Rachatbonbons (derselbe Name!) und Rachat ein Armband.
Wir konnten neben ider Jurte unsere Zelte aufschlagen. Vor dem Eindunkeln kamen die Männer nach Hause mit einer riesigen Schafherde. Rachats Mann war auf dem Pferd. Hunde kamen angesprungen und bellten, und die Kühe verschlug es auch nach Hause. Ein Riesenbetrieb. Die Schafe drängten sich alle 250-300 Stück in den runden Paddock und blieben bis morgen früh dicht aneinandergedrängt in diesem Kreisrund.
Wir wurden von den Männern noch begrüsst. Irgendwann rief mir Rachat zu, sie stand vor einem kleinen Zelt. Ich sprang hin. Im Zelt sass die Babuschka an einem sogenannten Separator, durch den sie die Milch liess, dabei drehte sie eine Kurbel. “Du musst Milch probieren!” David und Jurij wurden darauf auch noch gerufen.
Später, es war schon dunkel, lud man uns zum Abendessen in die Jurte ein. Wir zogen unsere Schuhe aus und setzten uns auf den dicken Teppich um den niederen Tisch herum. Auf dem Tisch stand eine Oellampe, eine grosse silberne Platte mit einem Schaf in mehreren Teilen und vielen Kartoffeln und Nan (Fladenbrot).
Die Babuschka war die Einzige, die russisch konnte, sie übersetzte immer hin und her. Ein Junge legte uns ganz viel Fleisch in die Schalen, viel Fett u.a., Magen und Leber. Die Leber war ganz in Ordnung, das Fett mussten wir meiden, das schmeckte uns nicht besonders. Da lagen noch ganz andere Teile auf der Platte, von denen wir aber keine bekamen zum Glück. Man isst hier mit den Händen. Die Babuschka rollte uns immer wieder ein paar Kartoffeln über den Tisch. Nach dem Essen gab es Chai. Bevor man das Mahl verlaesst, ist es ueblich das “Omin” zu sprechen. Man formt die beiden Haende zu einer Schale, als muesste man Wasser schoepfen, und faehrt damit leicht uebers Gesicht und sagt “Omin”. Diese Geste beobachtet man auch, wenn Leute im Auto oder Bus sich auf einen laengeren Weg begeben.
Früh gingen wir schlafen. Ich las noch ein Weilchen. Neben unserem Zelt graste das Pferd mit zusammengebundenen Beinen, und direkt vor unserem Zelteingang war ein braunes Schaf angebunden, das krankte und deshalb abseits stand, das Arme. Die Babuschka meinte, es werde uns bewachen oder wir es, je nachdem, und lachte.
Am nächsten Morgen bekamen wir Ajran und Tee. Ich gab der Babuschka etwas Geld, nicht wissend, ob man es machen muss, wie die Leute reagieren, Jurij meinte man könne und solle das ruhig machen. So setzten wir es auch fort bei anderen Familien.
Wir verabschiedeten uns, machten noch ein paar Familienfotos mit uns, die wir Jurij nun geschickt haben, damit er sie im nächsten Jahr der Familie vorbeibringen kann. Sie befinden sich wie bei uns auch Sommers immer am selben Platz, auf der Alm.
Wir gingen etwa eine halbe Stunde kaum, da holten uns ein paar Jungs von anderen Jurten ein und fragten, ob wir eine Fahrmöglichkeit brauchten. Wir bejahten und kamen zu deren Jailoo, wo ein alter vermutlich chinesischer Laster stand. Die Zündung funktionierte nicht, der Fahrer musste immer aussteigen und ankurbeln. David und ich konnten uns ins Führerhäuschen quetschen, der arme Jurij wurde im Laderaum durchgeschüttelt und durchgestaubt. Je weiter wir talabwärts fuhren, desto touristischer wurde es, das hätten wir ganz oben nie erwartet. Junge Touristinnen in Tops auf dem Pferd und hinten drauf strahlende Jungengesichter, mit den Zügeln in den Händen. Irgendwann sah man Blau. Niemals würde man dies für einen See halten. Die Küste ist sehr trocken, es riecht nach Rosmarin oder Thymian, und man hat einen anscheinend grenzenlosen Blick auf eine weite Wasserfläche. Nur wenn man ganz genau hinsieht, nimmt man durch den Dunst die feinen Umrisse des gegenüberliegenden Gebirgszuges war. Dazu riecht es salzig, der See ist zwar nur leicht salzhaltig. In Grigorievka wurde Jurij dann befreit mit ein paar anderen Mitfahrenden.
In Grigorievka hatten wir zunächst ein Geldproblem, da wir die Fahrer nicht in kirgisischen Som bezahlen konnten,  wir hatten nicht genug gewechselt, bzw. der Familie schon was bezahlt. Die Jungs hatten uns erzählt, dass man im Ort unten wechseln könne, das war aber eben nicht der Fall. So standen wir eine Weile herum, wussten nicht wie weiter. Jurij konnten wir genau in kasachischen Tenge entlöhnen, die Fahrrechnung blieb das einzige Problem. Jurij wollte nach Cholpon Ata, um von dort aus zurück nach Almaty zu kommen, wir wollten nach Karakol, doch wir mussten zusammenbleiben,da wir noch was bezahlen mussten, wechseln mussten. Wir fuhren auch nach Cholpon Ata kurzum. Jurij sprach sich mit einem Fahrer ab, der die Jungs gut kannte, gab ihm seinen Pass und, nachdem wir gewechselt hatten, das Geld für die Fahrt nach Grigorievka.

Erster Ort – Cholpon Ata 

In Cholpon Ata, dem Supertouristenort, ein kulureller Totalschock, hielt es uns nicht lange. Überall werden Zimmer vermietet “Sdaju komnatu” (Vermiete Zimmer), und man findet sich wieder am russischen Badestrand, wo ein gestreifter Esel und ein Kamel mit den Touris aufs gestellte Ferienfoto kommen. Der See selber ist Klasse, der Strand eher ein Ablöscher mit lauter russischer Billigmusik, die immer dieselbe ist.
Trotzdem wars ein lustiger Ort für Beobachtungen, aber lange hielt es uns dort nicht. Wir wohnten bei einer Frau namens Rosa, die uns auf der Strasse angesprochen hatte, als wir Jurij verabschiedeten. Sie wohnte zwar eher abgelegen, doch sie hatte eines der angenehmeren Cafés am Seeufer, in dem ihre Kinder mitarbeiten.
Mit dem Sohn verstanden wir uns sehr gut, unterhielten uns abends noch lange. Die Leute waren uns sehr sympathisch. Ich kaufte mir einen etwas ollen Bikini in grossmütterlichem Muster und etwas idiotischem Röckchen um die Badehose, aber was solls, das kann ja auch mal Spass machen. Die Russinnen hatten lange Tücher umgeschlungen, extra etwas unter der SChulter, damit auch diese Kurve schön betont ist, Strohhütchen auf dem Kopf und Tigerbikini am Körper, die Schuhe wennmöglich mit leichtem Absatz. Es gab dazu nicht selten Strandfotos. Die Stimmung erinnerte an einen vielleicht alten 70-er Jahre Prospekt “Exotisches Spanien” o.ä.
Leicht zu erraten, dass die Südseite des Sees fuer uns um Einiges eindrücklicher war.

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