July 22, 2006

Abstrakter Raum Bahnhof

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 5:32 pm

Bahnhöfe sind nicht in der Gegenwart angesiedelt. Verwirrung schafft diese zentralistische Regel “Moskauer Zeit” bei uns Ausländern. Erste Vermutung bei Betrachtung des elektronischen Fahrplans “Hm, isch bi dene d Uhr usgschtige?” Eine herzige Babuschka erklärte uns dann die goldene Regel “Moskauer Zeit”. Bis Vladivostok verkehren die Züge nach Moskauer Zeit.Heute Morgen fand ich auch, dass ich nun mal nach Moskauer Zeit aufstehe, nämlich um 2 Std. später 😉

…iz Ekaterinburga

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 5:27 pm

Heute ist ein Leerlauftag. Wir schliefen lange, hatten wenig vor. Vorhaben 1: Tickets nach Novosibirsk besorgen, Vorhaben 2: den Dom Knigi finden, um dort einen Koran in Englisch zu kaufen. 1) Der 24h Schalter hatte plötzlich Mittag und danach noch eine technische Pause, wobei die Dame am Schalter dort sitzen blieb und ständig meinte: “Ich arbeite nicht. Das sehen Sie doch!” So sassen wir dort und mal im Café zwischendurch drei Stunden. Ein Ticket gab es schliesslich nicht, nur zu teure. Wir versuchen es morgen nochmal an einer anderen Kasse in der Stadt, wo vier Angestellte arbeiten, so dass wir den Pausen ausweichen können. Heimtückische Sache. Um 1800 trafen wir Elena und ihren Freund Sergio aus Spanien. Mit ihnen gingen wir was essen in ein multiples Restaurant, einen “Themenpark” (David), wo wir schliesslich nach georgisch, russisch, mazedonisch etc. food japanisch food bestellten. Danach schafften wir es in den Dom Knigi (!) und fanden den Koran, immerhin, auf Russisch. Nun ja, es ist herauszuhören, wir sind nicht eben wahnsinnig begeistert ab der Stadt, und es zieht schrecklich weiter. Morgen nach dem Ticketkauf treffen wir Elena und Sergio nochmals beim Lenin (Denkmal), manchmal sind diese Statuen schon praktisch 😉 )und fahren zu einem Denkmal für die Opfer der Repression raus, etwa 8 km von hier. Dort sollen sich auch die Gräber, bzw. mächtigen Tomben, von bedeutenden Mafiabossen und Familiamitgliedern befinden, die hier in den 90-ern so eifrig am Werk gewesen sein sollen.Wir sind gespannt…

….v Ekaterinburge

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 5:16 pm

Und nun, hier sind wir… In Ekaterinburg. Wir wohnen wie erwähnt bei einem Mädchen, das im wahren Leben (ausserhalb HC) den schönen Namen Irina trägt. Was soll ich sagen, die Stadt ist klein, finde ich, das Meiste scheinen wir gesehen zu haben. Angenehm ist es, bei jmd zuhause wohnen zu können. Vorgestern habe ich Crevetten mit Zitrone gekocht und Gemüsereis und Kaviarbrötchen gemacht…und wir haben Bier dazu getrunken. Die Zarenfamilie wird hier fleissig “memoriert”, in Form eines Denkmals bei dem Chram na krovi (Kathedrale auf dem Blut), wo früher das Haus des Kaufmanns Ipatiev stand, wo die Familie im Keller ganz schrecklich ermordet wurde. Schrecklich deshalb die brutal massive Kirche mit dem kitschigen Familiendenkmal, hinter dem sich eine Treppe hinunterwindet, mit 22 Stufen (soviele Stufen waren es in den Keller hinunter im Haus Ipatievs). Frommer Glaube verschmilzt mit Sensationslüsternheit. Wir fanden das eher widerlich. Ebenso fanden wir den Ausflugsort Ganina Jama, wo sich ein Kloster im hellen Birkenwäldchen befindet, befremdend. Dort befindet sich die Mine, wo die königlichen Überreste verscharrt, wieder hervorgeschleift und mit Säure und Benzin überschüttet wurden. Detaillierter steht es nun auf mehreren Gedenktafeln rund um die Mine, wo auch ein Holzbrückchen, geschmückt mit Romanov Familienbildern als guter Aussichtspunkt auf die Mine steht. Vom 12. – 25. Juli sind die sog. Zarentage, eine Art Memorial. In einer Kirche fand eine Messe statt. Es war eigenartig, da die Leute schnieften und heulten… Es kam uns vor, oder es ist so!, dass die Leute sich in das Leiden hineinversetzen und völlig in dieser Stimmung aufgehen. Ich fand das Ganze makaber und kann da schlecht nachfühlen, offen gesagt. Hat Russland nicht noch viele andere Opfer gebracht und bedeutend viel andere “Märtyrer” hervorgebracht? Sind nicht noch so viele andere Ereignisse unaufgearbeitet? Wieviele Menschen müssten hier noch heiliggesprochen werden!Mich beeindruckte am meisten der hölzerne, wohlduftende Innenraum der Kirche, wo weisse Lilien den besten Geruch der Welt verströmten. Die Tränen, ich gebe es zu, verstand ich nicht.

18. Juli, 28 Grad Aussenhitze, 40 Grad Innenhitze

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:44 pm

Wir sind unterwegs nach Ekaterinenburg. Der Zug fuhr um 13.53 in Kazan los. Morgen kommen wir gegen halb 9, Ortszeit, an und werden vermutlich von Kzyuya, einem Mädchen vom Hospitality Club am Bahnhof abgeholt. Es funktionierte ganz gut mit unseren Bleiben bisher, wir haben bis jetzt immer etwas gefunden, und ich fand es spannend so neue Leute zu treffen, die ich sonst nie treffen würde in einer Stadt gerade wie Moskau.
Im Zug ist es heiss und schwitzig. Schweiss- und Biergeruch, braungebrannte, verbrannte Rücken und Füsse in den gummigen Tapotschki (Plastikschlarpen, ca. 3 Modelle in ganz Russland, auf jedem Markt erhältlich ; ) und omnipräsentes Detail im Sommer).
Draussen grollt gerade ein langerwartetes Gewitter, im Wagon brennt das Neonlicht. David liest neben mir links in einem Indienroman, der alte Mann rechts von mir ahmt mich beim Tippen nach. Naja, reiche Europäerin ; )) Geschäftsfrau ;)))
Er reist glaub ich allein, hat aber fürsorgliche Gesellschaft gefunden, die ihn mit Gurken und Brot und Tee versorgt. Die Frau vis-a-vis von mir, die sympathisch Wohltäterin, ist bei besonderem Lichteinfall etwas sonderlich anzusehen. Ihre Lippen sind von einem dichten Schnurrbart gesäumt, was die Frau zum Fischotter macht.
Gerade hat der Blitz mit lautem Knall irgendwo eingeschlagen. Wir sind alle zusammengezuckt.
Der graumelierte braungebrannte Mann neben mir, wandte sich an mich, in einer Sprache, die ich nicht verstehe, oder war es ein zahnloses Russisch?? Die Frau gegenüber von mir schaute ihn jedenfalls argwöhnisch an, dann mich, lächelnd – anscheinend lohnt sich die Übersetzung nicht. Mein schnelles Tippen brachte er jedenfalls in irgendeinen Zusammenhang mit dem Blitzeinschlag. Wie auch immer…. David liest und ich schreibe nun. Ich muss die letzten Wochen nochmals revue passieren lassen. Ich habe sehr lange nichts mehr eingetragen.
Ich weiss nicht, wo ich ansetzten sollte. Der Mann nben mir schwitzt und stinkt…. und beobachtet mich beim Schreiben. Auch er wird sich nach einiger Zeit dran gewöhnen und sich hoffenltich auf sein Plätzchen, auch vis-à-vis legen.
Der Speisewagen hat gerade frei und erwartet zahlreichen Kinderbesuch, wurde uns mitgeteilt. Dummerweise haben wir tatsächlich viel zu wenig Essen dabei. EIn paar Madleines und trockene Kekse haben wir aber noch bekommen.
Die Frau gegenüber hat ihre kleine Tochter dabei, die uns ganz neugierig vom oberen Bett beäugt und sich vermutlich fragt und vorstellt, was für Leutchen wir sind, die lesen und ein Compüterchen dabei haben.
Die Frau vis-à-vis kennt den halben Wagon und beherbergt ;))
Eine Frau in hellblauen Russia-shorts und blauen Tapocki kommt ab und an wieder auf ein Schwätzchen vorbei. Gespräche über Gurken, wie man sie am besten aufbewahrt, ob man sie einfrieren kann oder nicht, und wenn, ob man sie nur noch für die Okroshka (kalte Kvas- oder Kefirsuppe) verwenden kann. Die Leute spielen Karten, Essen weiches Brot mit Wurst, trinken Bier aus 2,5 liter-Flaschen und geben sich dem Schlummer hin.
Ohne die schweissige Biernote hier im Abteil wäre es tatsächlich um Einiges angenehmer, aber das sind Sachen, die man während Zugfahrten wohl oder übel in Kauf nehmen muss. Dafür strömt von aussen gerade wunderbar kalte Luft rein.
Ich habe in einem Buch von Ljudmila Ulitzkaja gelesen, ein paar Erzählungen. U.a. ist eine mit dem Titel Zju-jurich (soviel wie Zürich ist gemeint) darunter. Darin geht es um eine  “Einheiratung” in diese verheissene Stadt.
Nun spielt das ganze Nachbartischchen von den Vis-à-vis Karten.
Kurzer Zwischenstopp in einer Miniortschaft. Gelegenheit auf dem Perron bei Babuschki und Devuschki Instantsuppe, Instantkaffee und Gartengemüse zu kaufen. So haben David und ich uns für die Weiterreise wieder versorgt und löffeln gerade Suppe und beissen in kleine Gartenzwiebeln, während unsere Nachbarn einen grossen gelb getrockneten Fisch mit vor Schreck geöffnetem Maul hereintragen. Der Fisch ist gar nicht so schlecht, für uns etwas ungewohnt, da roh getrocknet und zml fischig, aber mit Bier und Brot ist er in kleinen Mengen noch gut.

Wolga, Wolga

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:42 pm

Kazan habe ich mir ganz anders, v.a. schöner vorgestellt. Was mir daran aber sehr gefällt ist die Gegend um den Markt, die kleinen Moscheen, die tatarische Sprache überall, das tatarische Essen (wobei nach einiger Zeit das auch alles etw. zu fleischig wird).
Wir wohnten etwas ausserhalb, im Sovjetskij Rajon, an der Strasse 8oe Marta (8. März = Internationaler Tag der Frau).
Asja, Volodjas Frau, war zuhause und empfing uns bereits morgens. Sie wohnen in einer Zweizimmerwhg mit zwei Katzen und einer Schildkröte.
Leider hatten wir keine Matten dabei, und das Schlafen auf dem Fussboden war ohne zu beschönigen steinhart.
Doch es tat am nächsten Morgen zum Glück nie was weh, immerhin.
Schwieriger war der etwas üble Teppichgeruch am Fussboden…. Mir war nie so ganz klar, wo die Katzen hinpinkeln, und als ich in tierliebem Enthusiasmus die Schildkröte auf das Teppichfreiland setze, pisste die doch prompt darauf.
Wir assen ein paar Mal in tatarischen Kantinen, was sehr günstig und v.a. gut war.
Auf dem Markt fanden wir auch noch ein paar Dinge, die wir gut brauchen konnten.
Am Samstag wollten wir nach Svjashsk, auf eine insel fahren mit dem Schiff, doch bereits morgens um 8 waren soviele Leute (laut David “blööödi Datschniki”) unterwegs, dass wir keine Billets mehr bekommen konnten. So fuhren wir nach Fahrplan halt um 9 einfach woanders hin, nämlich nach Kzyl Bajrak, einem verschlafenen tatarischen Volgadörfchen, wo wir auf weiter Ebene einen Muni, ein Pferd und zwei Leute sahen. Unten am Ufer konnte man baden, wenn man nicht heikel ist. Das Wasser ist ziemlich veralgt und lädt nicht besonders ein. Ich tauchte kurz bis zum Hals ein.
Zum ersten Mal im Leben kam ein Maulwurf auf uns zuspaziert, in blindem Gang zum Wasser hin. Er steckte seinen Rüssel rein, plumpste plötzlich ganz rein, begann wie wild zu kraulen und schwamm unerwartet in die weite Wolga hinaus.
Ich entschied mich zu spät ihm nachzuspringen, und quäle mich bis jetzt ehrlich gesagt mit schlechtem Gewissen und der Ungewissheit, ob er die 3Km mit seinem kräftigen Schwumm wohl überqueren konnte. Ach ja…das erinnert mich an die zahlreichen selbsterfundenen Maulwurfgeschichten, die mir früher mein Vater zu Einschlafen jeweils erfunden hat. Dabei handelte es sich aber immer um das Maulwurf Duo Bruno und Benno. Bruno war schlau und listig, Benno gutgläubig und tolpatschig und somit der blindere von beiden. Bruno musste oft ausrücken, um seines Freundes Leben zu retten.
Ich bin überzeugt, dass ich Benno getroffen habe, hoffe bis heute, dass Bruno seinen Freund da irgendwie rausziehen konnte.
Am Sonntag besorgten wir uns Weiterfahrkarten nach Ekaterinenburg, was kein Problem war. Nach der Station Aleksandrovsk, wo nur ein Schalter für eine ganze Meute offen war, bin ich mental vorbereitet auf Ticketkauf am Bhf.
Einzig eine alte Dame im obligaten Oma- Blümlikleid, eine der typischen “Kommandantinnen”, die die Leute immer eines besseren belehren wollen, das Schlangenstehen manipulieren und Staus und Streit verursachen (Aleksandrovsk!!!), indem sie in 5 versch. Schlangen anstehen und jedem vor sich sagen “Halten Sie bitte den Platz!”, musste etwas rumstürmen. Wenn 5 solcher Frauen, die David nur noch die “komplizierti Blüemlifroue” nennt, anstehen, geht das Chaos los. Ein Mann konnte aber geschickt dämmen “Was kommandieren Sie hier rum? Stehen Sie an und lassen Sie die Leute in Ruhe.” Recht hat er, denn alle wissen doch eigentlich, wie es geht.
Alptraum Aleksandrovsk wirkt nacht: kreischender, streitsüchtiger Weiberhaufen.
Am selben Tag gingen wir in einen Kleiderladen für Muslimische Mode, da ich etwas Angemessenes tragen möchte unterwegs, was nicht zu heiss gibt und schützt und in muslimischen Gegenden etwa so getragen wird, damit ich nicht ganz unvorbereitet, dh “komisch angezogen” daher komme. Die Tatarinnen im Laden waren ganz nett und eifrig mit Erklärungen und Tipps. David war fast etwas entäuscht, dass er als Mann nicht viel mehr als Hosen übers Knie braucht. Ich bin jetzt dagegen jedenfalls eingekleidet ; )
Am Montag fuhren Asja, Bulat, ein Freund von ihnen, David u. ich nach Bulgar, einen einstigen wichtigen Handelspunkt/Zentrum der Volgabulgaren, heute in Ruinen und rekonstruiert, nicht immer sorgfältig.
Ebene, Moscheen, alte Grabplatten mit bulgarischen bzw. arabischen Inschriften.
Heiss war es wie verrückt, kleine Höfe mit Hühnern und Gänsen schmückten das Bilderbuch.
Wir badeten in der Wolga, schwammen ein gutes Stück.
Das Ufer der Wolga ist dort auslaufend, die Wolga ist an der Stelle unglaublich breit.
Das Schiffahren auf dem “Meteor” dauerte etwa 3 Stunden.
Am Abend fuhren David und ich noch todmüde in die Stadt was essen.
Auf dem Rückweg hatten wir einen ungewöhnlichen “Autofang” ; )
Beim Einsteigen merkten wir, dass der Zhiguli rechts hinten absackte, worauf der Fahrer mit erhobenem Zeigefinger meinte :”Moment” und hinter dem Wagen verschwand. “Heimer öppä ä Platte?” – David.
“Tscht,tscht, tscht”, antwortete eine Fahrradpumpe vor dem Fenster. Wir stiegen aus, für 100 Rubel wollten wir schon ein “gepumptes” Auto nach Hause.
Ein anderer Fahrer bot uns gleich an, uns mitzunehmen, auch für 80.
Der andere wurde sauer und meinte, das sei nicht fair. Ich musste aber sagen, dass wir so nicht fahren möchten.
Dann fuhren wir heim und fielen schnell in den Schlaf.
Heute packten wir und fuhren dann mit dem Bus in die Nähe Bhf. Während der Fahrt flog eine Babuschka, auch eine Blüemlifrou mit ihrem beerengefüllten Wagen durch den Bus, da sie sich nicht festgehalten hatte. Wir sahen schon alle Beerenkübel zerschlagen und ausgeleert durch das Tram schleudern, doch irgendwo fand die Gute dann doch noch Halt zum Glück. Die kleine Enkelin mit dem Beereneimerchen meinte nur. “Babulja, du musst dich doch festhalten. Was machst du denn?”
Und voilà, jetzt sitzen wir im Zug nach Kazan, und ich schreibe sicher schon seit zwei Stunden. Die Zeit fliegt davon, es ist kurzweilig hier. Das Mädchen Syrah, gegenüber von mir war zwar sichtlich nicht müde zu kriegen, doch jetzt ist auch sie eingeschlafen. David hat sich auf s obere Bett verkrochen, und ich höre hier auch mal auf und schau bei ihm vorbei.

Pascha, Mascha, Natascha und auch ein Sascha

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:41 pm

Pascha, mein lieber Freund aus Petersburg überraschte mich nicht wenig mit seiner Mitteilung, die mich, wie er vor meiner Abfahrt nach Helsinki meinte, zml überraschen sollte. Er verriet nur soviel, dass er aus seiner Zweiraumwohnung ausziehen und aufs Land zurückgehen werde, wo seine Eltern wohnen, alle Details später in Ruhe.
David und ich sassen im Café und Pascha auf Besuch bei einer Tante war grad in der Gegend und kam schnell vorbei. Er sei immer noch verheiratet und habe eine kleine Tochter Mascha, die 6 Jahre alt sei. Sie leben nicht zusammen, aber er wolle ins Dorf zurück und sich mehr um seine Tochter kümmern, wir seien eingeladen auf den nächsten Tag zu seiner Familie.
So kam es, dass ich am darauffolgenden Tag, den Wegweisungen Paschas folgend mit der Metro erst, dann mit Bus in das Örtchen Posjolok imeni Morozova (Siedlung namens Morozov = Revolutionär). Sie wohnen in einer kleinen Wohnung, Mascha und Natascha. Mascha ist ein aufgewecktes Mädchen und ist Pascha verblüffend ähnlich. Natascha hat Geographie studiert und ist sichtlich auch ein zml Naturmädchen. pascha hat einen Berg Fisch gekocht und Natascha Salat zubereitet. In  der Küche hängt Vladimir Putin portraitiert und daneben in einem Kuhmusterrahmen Chodorkovskij hinter Gitterstäben.
Zwei Stunden später kam David mit dem selben Bus im Örtchen an.
Dazu kam noch Sascha, ein ehemaliger Odnoklassnik (Klassengefährte) von Pascha, der sich im laden grad einen Liter Vodka kaufte.
Sascha und David assen noch in der Küche tranken etw Vodka (David =etwas, Sascha= halbe Flasche), während Mascha die entlaufene Schildkröte suchte.
Danach gingen wir an das Ufer hoch, zur Burg Oreschek, wo Lenins Bruder festgehalten worden war, konnten leider aber nicht rüber. DIe alten Männer hatten ihre Ruderboote entw. bereits jmd geliehen oder vermietet  oder waren nicht alle da. Die alten Mannchen vor den Holz- und Blechhüttchen hatten fast alle vom Alkohol rot glänzende Augen, waren an sich aber sehr hilfsbereit.
Sascha meinte über einen, der sei ganz gut drauf, aber der saufe seine ganze Pension hier weg.
Das Volk ist gut, aber es trinkt.
Der Abschied von Pascha war etwas vom Traurigeren, aber ich denke wir werden den Kontakt irgendwie halten.
So fuhren wir mit dem letzten Bus aus dem von der Aussenwelt abgeschiedenen Örtchen weg, welches nicht umsonst tief im Wald versteckt liegt mit seinen 12000 EInwohnern. Früher war hier eine Waffenfabrik, und, als ob es den Ort nicht gäbe, steht auf der Platform der Bahnstation auch nur 24Km.

July 21, 2006

St. Petersburg – Moskau

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:44 pm

Am 6. Juli fuhren wir mit dem Nachtzug nach Moskau. Am Morgen liessen wir das Gepäck in der Gepäckaufbewahrung und machten uns auf zur kirgisischen Botschaft. Es war heiss.
Dort angekommen, fanden wir eine simple Eingangstür vor. Nach einigem Zögern machte ich mal auf und ging rein. Natürlich hörten wir sofort ein “Devuschka” und David rief “Oh du wart mau!!”
Der Milizionär war nett und meinte lachend, so einfach komme man nicht in eine Botschaft rein, der Konsulardienst sei um die Ecke.
Das Visum war leicht beschafft. Der kirgisische Wachmann in Tarnanzug war allerliebst und schien keiner Fliege was zu Leide zu tun.
Um 5 konnten wir die Dokumente bereits wieder abholen. Wir gingen in ein kirgisisches kl. Restaurant an der Ecke essen.
Am selben Abend  fand ein Treffen des Hospitality Clubs Moskau statt, wo wir hingingen, um Ekaterina auch zu treffen und ein paar andere, die wir kennen.
Es war ganz lustig, doch leider extrem heiss, und es gab nichts mehr zu essen.
Wir sahen viele Leute wieder, die wir das erste Mal im Juni in Moskau kennengelernt hatten, als David und ich für 4 Tage dort waren, da wir von Florian Gubler, einem Sekretär der Botschaft und seiner Frau zum Z’Nacht eingeladen worden waren.
Wir  lernten ein paar neue Gesichter kennen und fanden es amüsant und v.a. schön, dass sich in Moskau selber so ein Bekanntennetz gebildet hat zwischen den einzelnen Mitgliedern.
Wir gingen mit Katja, einer weitgereisten Frau, nach Hause in ihre Kommunalkawohnung. Sie wohnt in einem Zimmer zu dritt mit ihrem Mann und ihrer Tochter und einem umwerfenden, flauschigen Hund (zu viert somit, obwohl sich der Hund unter einem Bett einquartiert hat).
Ich meine das Zimmer ist ein riesen Chaos, Gegenstände aus aller Welt, eine Holzgiraffe ohne Kopf, eine Hirtenmütze aus Schafsfell aus Turkmenistan, Medaillen, Strohhut,etc. Aber es war so nett bei ihr, sie selber ist ein so ruhiger, feinfühliger Mensch, dass ich es als Grösse betrachtete in einer wohnung, die so klein ist so herzlich Leute zu empfangen. Die Decken in der Whg waren unheimlich hoch, an die 3 Meter sicher. In einem anderen Zimmer wohnte eine andere Familie, die Küche und das Bad sind gemeinsam.
Am Samstag sind David und ich nach Rostov rausgefahren, da wir nicht so Lust auf heisse Grossstadt hatten.
Das war die richtige Entscheidung, wie wir herausfanden. nach dreistündiger Fahrt über weite brache Wiesenfelder und Meeren von violetten Feldblumen, kamen wir in dem kleinen Städtchen Rostov Veliky an. Der Kreml verschlug uns buchstäblich den atem, ganz so, wie es im Lonely Planet beschrieben steht als :”breathtaking”.
Schwalben umkreisten die zahlreichen Türme, und im Hintergrund prangte der riesen Glockenturm.
Wir fanden eine lustige Pension im Anwesen eines Künstlers Michail, der diese zusammen mit seiner gärtnerisch aktiven Mama führt. Es ist eine rote Holzveranda, von der man in 5 Zimmer gelangen kann, die in einem grossen Holzkontainer sind.
Von der durch Bäume blickdichten Veranda kommt man per Treppe durch eine Dachluke auf eine Dachterrasse, was ganz toll war. Dort hat man direkt den See Nero vor sich und das entlegene Ufer, das so menschenleer wirkt, wie ich es mir zu mittelalterilichen Zeiten vorstelle, nachts lediglich Fackeln und Rauch ums Ufer, Mückensurren, über allem ein träger Vollmond.
An einem Tag stiegen wir auf den Glockenturm mit dem Glöckner Dima, der das als Nebenjob, nebst Läuten, anbietet. Das Ticket kauft man in einem kleinen Ikonenladen. Einen Priester im hellblauen Gewand, Otetz Aleksandr (Vater Aleksandr) haben wir noch gesehen, der vom Glöckner wegen einer Schlüsselgeschichte zurechtgewiesen wurde. Lustig fand ich, dass der Glöckner den Priester duzte und den Turm als seinen Machtbereich wahrnahm. Ich glaube Otetz Aleksandr fand das auch lustig.
Am selben Nachmittag war DAS Ereignis im Dorf: Ein Oldtimer Treffen im Zentrum Rostov. jaguar, Rolls Royce und Fiat waren unterwegs durch den goldenen Ring. Fähnchen wurden verteilt, und die Dorfmusik in dickem roten Gewand und mitraähnlichen Hüten spielte auf. Auch Otets Aleksandr mit seiner Familie kam vorbei.
Wieder in Moskau:
Nach umständlicher Zugfahrt und Schlangenstehen (sinnlos, sinnlos, sinnlos) in Aleksandrovsk für eine Fahrkarte, kamen wir einigermassen kaputt in Mokau, Bhf Jaroslavl wieder an.
Diesmal fanden wir Übernachtung bei Lena, einer ich würde sagen aufgeschlossenen Ethnofrau.
Wir brauchten noch unser Usbekistanvisum, das wir bereits beantragt hatten und bekamen auch dieses auch problemlos, aber teurer dafür als gedacht.
david fand in einem geschäft auch noch seine Powerbook Batterie, was ein seltsam lustiges Unterfangen war. Man kam rein, und blieb grad mal beim Wachmann stehen, der Pass und Grund für Besuch haben wollte. Ich erklärte, dann hiess es “Bitte warten”, dann ein Telephon, dann ein “In Ordnung, dritte Etage, zu Herrrn Sowieso..”. Dort angekommen, setzte man uns in ein Wartezimmer, der Herr kam dann vorbei und fragte uns, was wir brauchen. Er verschwand dann wieder, brachte ein A4 Blatt mit Stempel etc./ Kaufbestätigung.
danach gingen wir alle in den Keller, dort warteten wir hinter einer Codeverschlossenen Türe und warteten mindestens auf eine Kalashnikov.
Das war lustig. Der Verkäufer war so eifrig, dass er sich beim Auspacken der Batterie in den Finger schnitt.
Am letzten Tag traf David Derik, einen Mitarbeiter der philippinischen Botschaft, ich ging mit Aleksis, auch bei Lena, an die chinesische Terrakottaausstellung, die im historischen Museum war.
Abends fuhren wir weiter mit dem Nachtzug nach Kazan, wo wir mit Vladimir Khrundin und Asja abgemacht hatten.

Abbruch der Zelte in St. Petersburg

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:40 pm

Am 6. Juli sind wir per Nachtzug von St.Petersburg, auf Wiedersehen!, weggefahren.
Diese Ecke des Monats war wirklich eng geworden. Freundinnen wie Saskia und Karin verabschiedeten sich und fuhren in den Kaukasus bzw. Sibirien, Mama und Reto kamen am 25. in einem hochsommerlichen Petersburg an, es kam zu zahlreichen Abschieden und Neuaufbrüchen, Abzug aus dem Obshezhitie (Studentenheim), ich fuhr für 3 Tage nach Helsinki wegen eines neuen Russlandvisums, Mama und Reto sah ich daher viel zu kurz. David entpuppte sich als Prima Eltern-durch-die-Stadt-Führer, während ich in Helsinki war.
Nach Helsinki fuhr ich in einem sog. Mikroavtobus, wo etwa 12 Leute reinpassen. Ich sass zuhinterst eingeklemmt am Fenster und hatte einen zml mürrisch wirkenden Sitznachbarn. Habe ich das bereits schon mal irgendwo aufgeschrieben? Irgendwie kenn ich diese Zeilen…naja.. Wenn, dann kann man überlesen..
Es gab einige Stopps, um Zigaretten zu rauchen, zu kaufen, zu tauschen etc.
Der Sitznachbar taute plötzlich auf, der daneben auch. Ersterer hiess Hussein und war seinen Erzählungen nach väterlicherseits Azerbaidschaner, mütterlicherseits Russe, laut Pass Russe, Letzterer war Finne und kaufte eine Harasse Baltikabier in Dosen. Der Azerbaidschaner bat mich eine Stange Zigaretten mitzunehmen an seiner Stelle, eben, er rauche zwei Päckchen am Tag, was ich bestätigen kann. Vor und nach jeder russischen Aureisekontrolle (3 Grenzübergänge, um das russische Reich zu verlassen) stand er etwas abseits und rauchte und guckte mit seinem zugegeben etwas linkischen Blick den Leuten zu.
Der Finne war sehr fröhlich und plötzlich unheimlich gesprächig, so dass es bei uns hinten noch ganz gemütlich wurde. Hussein schenkte mir noch ein Fläschchen Schnaps für unterwegs, ich brachte ihn aber zu Johanna.
SChlafen war im Büschen natürlich unmöglich. Die Fahrt war zml schnell aber holprig über die Nationalstrasse. Um halb 5 kamen wir an. Helsinki glich einer Geisterstadt und sah schrecklich aus. Ich war total zerknittert und müde und goss mir noch einen Rest SChokolade aus dem Pappbecher über die Hose…Da ich so müde war und nicht wusste wohin mit mir um die frühe Zeit, machte ich den Fehler noch ein bisschen im Bus bei den Fahrern weiterzudösen… natürlich war ich nachher nicht wacher.
Doch nach dem ersten guten kaffee, einem netten Lächeln einer Bankangestellten und bevölkerten Strassen, fühlte ich mich gleich besser und ging direkt zur russischen Botschaft und stand dort etwa zwei stunden, dann kam ich dazu mein Visa zu beantragen. Also ging alles zml zügig, ich befürchtete es nicht zu schaffen und am nächsten Tag erst wieder anstehen zu können. Die Öffnungszeiten sind von 9 bis 12. Johanna meldete sich in der Zeit und wir trafen uns dann auch am Abend am Bahnhof. Ich schaute mich in Helsinki um und war und bin zml begeistert von der Stadt. Schöne Häuser, schöne Leute, Ruhe, Entspanntheit… Das ist ein markanter Kontrast zu Russland, der mir nach 5 Monaten Petersburg schon ziemlich aufgefallen ist.
Es war ein Raum- und Zeitsprung irgendwie. Mit Johanna, die ich über den Hospitality club kennengelernt habe, verstand ich mich sehr gut. ICh konnte bei ihr im Keller in einem kleinen Studio übernachten, das einer Kirchenvereinigung, die in Finnland auch zahlreich sein sollen, gehörte.
Nun ja, was mehr? Ich ging viel zu Fuss, schaute mir die Stadt an, las, ging ins Museum, wo auch Ilja Repin (russischer Maler) ausgestellt wird, trank Kaffee, fand lustige Second Hand Shops, fand dort die Trekkingschuhe für 7 Euro, die ich tatsächlich brauchte, machte mich auf die Suche nach finnischer Musik (Empfehlung: Musikladen Digelius!!! Strasse vergessen, aber Helsinki klein ; ) )
Gekauft habe ich eine CD der Gruppe: Der Mondstaubprophet, leider fällt mir der finnische Name nicht mehr ein…Kuusumun Profeta glaub ich….Kann ich jedenfalls sehr empfehlen), abends kauften Johanna und ich Wein und Batterien und setzten uns auf einen jungbevölkerten Hügel mit Wein und Ghetto Bluster. Nach einem Tag war auch schon das Visum fertig, ich musste einfach bis zum ersten Juli warten, dann konnte ich über die Grenze zurück.
Zurück nahm ich einen grossen Bus, der aber viel länger brauchte. Ich wartete auf den kleinen, doch von dem war nirgends was zu sehen, obwohl ich zuvor angerufen hatte. EIgenartig, dann entschied ich mich spontan halt für den anderen.
Nach 8 Stunden kam ich dann auch heil in Piter wieder an.
Freute mich auch wieder dort zu sein, pünklich auf Mamas Geburtstag.
Wir führten Mama und Reto das erste Mal Sushi essen.

July 20, 2006

Nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen…

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 4:51 pm

Gewohnt haben wir einen knappen Monat in der Nähe der Metro Primorskaya, am Rand der Stadt, am finnischen Meerbusen. Der Wind geht dort immer sehr stark. Die Frau, bei der wir wohnten, gehörte leider zu Denjenigen, die in erster Linie etwas dazu verdienen wollen und nahm uns dabei nicht wenig aus, wie ich fand. Ein zml schlechtes Beispiel für russische Gastfreundschaft, die ich an so vielen Orten so gut erlebt habe. Das war nun halt ein anderes Erlebnis. Das Waschmittel war nach zwei Tagen plötzlich verschwunden, und sie drängte mich ein neues zu kaufen, sie habe keines und so weiter. Auch betreff Essen kaufen und Internet und Telephon gab es viel hysterisches Blabla, was völlig überflüssig war, da wir bis zum Toilettenpapier alles selber besorgten. Ich fand die Frau frech mit ihrem Misstrauen und Bitten und Klagen. Wichtig war mir aber den Frieden zu wahren. Mit Andrej,ihrem Sohn, eingefleischter Fussballfan, kamen wir im Gross und Ganzen ganz gut aus, wenn auch er ein bisschen kurios war. Da sie nie die ganze Zeit da war, ging es zum Glück, aber insgesamt war das schon etwas mühsam, am morgen teilweise schnippisch gefragt zu werden, ob ich nun endlich fertig gefrühstückt hätte, sie sei an der Reihe. Schichtbetrieb!! Ich meinte, es störe mich nicht zusammen zu essen, und blieb natürlich sitzen.
Nun ja, was soll ich daran mehr Worte verschwenden, solche Leute gibt es anscheinend.
Wie Nancy einzog warnte ich sie vor, sie solle nicht zuviel bezahlen, dass sei das Ganze nicht wert. Nancy ist das ganz gut gelungen anscheinend, kam lachend am nächsten Tag jedenfalls zu mir und meinte, unsere Chosjajka habe ihr noch den Samowar (Wasserkocher mit Hahn) für 1000 Rubel (50Fr.) andrehen wollen.