Ferien in der Schweiz
Seit Weihnachten weile ich wieder in unserem Land und mache eigentlich Ferien. Ein bisschen Melancholie hat mich seit meiner Rückkehr aus Georgien immer wieder befallen, denn es liegt auf der Hand, mein Semester beginnt am 18. Februar erst wieder. Somit hatte ich genug Zeit nachzudenken, nötige Literatur zu wälzen, Sprachen zu repetieren und neue Musik zu hören, Filme zu schauen, Zeitung zu lesen, das Büro namens “Schweizer Leben” aufzuräumen. In Georgien durchquerte ich so oft die Stadt, durchfuhr mehrere Räume, landete in kleinen verrauchten Zimmern, suchte eine Türe, fuhr als wärs ans Ende der Welt, steckte eingeklemmt zwischen Einkaufstüten tief im Stau an einem gottvergessenen Ende der Stadt… Hier sitze ich stundenlang am selben Fleck, schau aus meinem Küchenfenster in die Allee. Ich kenne alle Farben des Himmels. Ich warte und dabei lese und lerne ich. Ich warte auf emails, die mir Erfreuliches verkünden, ich warte auf eine Stimme aus dem Telefon “Frau Müller, ja Sie haben die Stelle! Gratuliere!” oder die Anrede “Sehr geehrte Frau Müller, es freut uns Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Antrag auf ein Studiendarlehen angenommen wurde”, “ja, du hast die Assistenz an unserem Theater” etc., etc….
Ich stelle Anträge, um Anträge zu stellen und frage mich dabei kaffeetrinkend, wo ich denn da wieder hineingeraten bin, warum es schwierig ist, hier still zu sitzen. Gleichzeitig der Eindruck, dass wahre freie Zeit und das bedeutet wahres Nichtstun, Stillsitzen in diesem Land ganz abwegig wirken. Keiner sitzt einfach nur da und schaut einfach zu. Doch, manchmal sehe ich Männer, die das tun. Sitzen und schauen. Das will ich auch. Mit königlicher Musse einer Marie-Antoinette (vielleicht besser ohne Kaufrausch) will ich mich durch diesen Schweizer Park begeben: die Allee vor meinem Fenster, stundenlanges Schwimmen im Hallenbad, das Glitzern auf dem Thunersee, und scheinbar befreiende Zugfahrten innerhalb dieses schweizerisch perfekt zurechtgestutzten Versailles.
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