August 16, 2006

Auf Wiedersehen Russland

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 3:13 pm

Auf Wiedersehen Russland, wir werden alle Deine Schoenheit, alle Deine verschaemten Haesslichkeiten, Deine Weiten, Deine Staedte, Deinen Zauber, Deinen Spuk, Deinen Fatalismus, Deine Sturheit, Deine Herzlichkeit, Deinen Witz, Deinen Humor, Deine Abgruende, Deine Hoehen, Deine Staerke, Deine Schwaeche, Deine banale Alltagsexotik, Deine frischen und alten trockenen Piroggen, Deinen ewigen Kohl und die ewige Kartoschka, Deine herrlichen Golubcy, Deinen suessen Beerenwein, Deine bittere Suesse insgesamt nicht vergessen, und Deine Leute werde ich nicht vergessen, mit denen ich eine wunderbare Zeit verbrachte. Nun ist es and der Zeit weiterzureisen, in Deine eigene Geschichte eigentlich. Wir reisen nach Zentralasien. Das erste Land wird Kazachstan sein. Warum wir nach Zentralasien reisen, werden wir stets gefragt. Dort herrschten grauenhafte Zustaende und furchterregende Lebensbedingungen. Die Leute wuenschten sich doch alle nach “Russland” zurueck (Sowjetunion gemeint). Ich moechte wissen, ob das tatsaechlich so ist, ob die Leute Dich tatsaechlich zurueckhaben wollen. Manchmal scheint mir, dass die Sowjetunion doch eigentlich gar nichts anderes als eine Kolonialmacht war. Sie zog es einfach vor nahe Laender einzuverleiben und auf deren Kosten zu speisen. Mich hat die Haltung der Russen gegenueber der frueheren Sowjetrepubliken immer interessiert, jetzt habe ich Gelegenheit, Vorurteile aufzudecken und die Laender mit eigenen Augen zu sehen. Fuer mich gehoeren diese Laender in den russischen historischen Zusammenhang. In Petersburg habe ich viele usbekische Gastarbeiter getroffen, die mir ueber ihr Land schwaermten, Georgier, die schwaermten…. Nur die Russen schwaermen nicht, wieso? Warum werden ehemalige Landesbrueder in Petersburg z.B. von Skinheads attackiert? Warum haelt ein alter Mann “Araber” fuer nicht genug lernfaehig (sie koennen nie richtig Russisch lernen), warum sind Kaukasier und Zigeuner ” Cernye” (Schwarze)? Russland, irgendwann musst auch Du Dich diesen Fragen ernsthaft stellen.

Billiardabend im Akademgorodok

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:51 pm

Was macht man an einem freien Abend in Akademgorodok? Wir gingen ins erstbeste Cafe in der Naehe und tranken Kaffee, die die rechtzeitig waren, bevor die Kaffeemaschine schon gereinigt wurde (um 20Uhr!!), die anderen (ich), wie es sich um die Tageszeit ja eigentlich gehoert Bier :). Zu dritt mit Karin sassen wir an einem der Bistrotischchen, in einem Einkaufshausmaessigen Cafe und wussten nicht mehr so recht wohin, da auch das Wetter regnerisch war. Ich bemerkte seit einiger Zeit einen neugierigen Blick vom Nebentisch, wo ein junger Typ mit einem dicken Buch und einem grossen Bier sass. Auch er scheint sich irgendwie zu arrangieren, dachte ich bei mir. Jedenfalls sprach er uns dann einmal an. Karin fragte ihn dann unverwandt, wo man denn in diesem Ort eigentlich hinkoenne um die Zeit. -Schwupp- flog ein Handy aus der Tasche und er meinte “One moment! ….. Sed? Zdorovo! U menja zdes’ tri inostranca….etc..” (Sed? Hallo! Ich habe hier drei Auslaender….).So lernten wir Eduard kennen. So kamen wir eine gute halbe Stunde spaeter mit rechtsgesteuertem Taxi vor einer Kellerbar an. Dort standen in daemmrigem Licht vier Billiardtische, an denen irgendwie originalgetreu Maenner mit Bier und einer mit VOllglatze Billiard spielten. Wir bestellten Bier, dazu den getrockneten Fisch, Shpaly (grosse Croutons!!mit Knoblauch!!), und Sed (alias Aleksandr) kam dann noch dazu. War ne gemuetliche Runde. Nach etwa zwei Runden spielten wir Billiard, und das den Rest des Abends bis 1, dann hatten wir noch mehr Lust auf Billiard und fuhren zur Banja, wo man bis 4 Billiard spielen kann, oder noch laenger? Ich weiss es gar nicht mehr genau und weiss auch gar nicht mehr, wann wir da wieder rausgekommen sind…. Zuhause waren wir jedenfalls nach langem Fussmarsch erst kurz vor sechs. Es war lustig, David und ich ein Kommando, Sed und Eduard das andere und Karin war die Ueberlauferin, die im Wechsel fuer beide spielte. Sed und Eduard bestellten eine Flasche Vodka und Essen dazu, d.h. dazwischen assen und tranken wir wieder. Fuer uns wurde es bald mal schwerer die Kugel zu treffen,wobei wir nicht so betrunken waren wie der arme Eduard, der ploetzlich mit uns noch in die Banja wollte. Wir konnten ihn aber alle einstimmig bremsen:”Net!” Das Spielen machte Spass, doch bekanntlich koennen Abende ploetzlich auch zu lange werden, und nehmen eine unerwartete Wende. So nach Regel: Permanente Steigerung, Hoehepunkt und dann der Wendepunkt, dann fallende Handlung. Hoehepunkt: VOdkaflasche leer, Wendepunkt: Eduard machte mir einen unplazierten Heiratsantrag, Fallende Handlung: alle wollten ploetzlich nur noch nach Hause. Tja, aber so enden die meisten Geschichten, nicht wahr? Die Geschichte spann sich auch nicht weiter, es war und bleibt ein einfacher, lustiger Billiardabend in Akademgorodok.