Ein christliches Lahore – als wäre man im Rom Kaiser Neros
Wir spazierten durch die Altstadt in Lahore, als uns plötzlich jemand einholte. Asif. Er wollte uns unbedingt zum Caj einladen. David winkte am Anfang etwas ab. Man könnte den ganzen Tag irgendwo mit verschiedensten Leuten in Teestuben sitzen und da und dort eingeladen werden. Asif bestand aber so sehr darauf und wollte uns unbedingt kennenlernen, dass wir auch langsam wissen wollten, wer er denn ist :). Er erzählte, dass sein Bruder für die Académie française arbeite, für die er Gästen etc. die Stadt und Umgebung zeige. Wir redeten eine ganze Weile, und wunderten uns, dass sein Vater und Bruder biblische Namen trugen. Wir tranken Tee und packten noch ein Stück Schweizer Käse aus, den ich vor der Abreise noch schnell in der Migros gekauft hatte. Sie seien Christen, sagte er. Eher eine Seltenheit in Pakistan (5%) und natürlich aber auch nicht anzusehen. Was wir denn am nächsten Abend vorhätten, wollte er wissen. Er würde uns so gerne zu sich nach Hause einladen und die Familie zeigen und den Bruder vorstellen. Wir sagten zu für den nächsten Abend.
Wir trafen uns vor dem grossen Tor bei der Badshahi Moschee. Asifs Bruder war auch dabei. Dann ging der Gang durch die labyrinthische Altstadt los. Die Strassen wurden kleiner, kleiner, kleiner, bis man teilweise nicht sicher war, ob man sich überhaupt noch draussen befindet und nicht bereits in einem Innengang. Über die Gässchen hing viel Lametta und Glimmer, und das war wirklich sehr weihnachtlich. Wir überquerten einen kleinen Vorhof, wo in einer Nische ein altes Wandgemälde, das sehr alt sei, im Dunkeln knapp zu sehen war. Wir folgten den beiden flinken Brüdern, die ziemlich zügig vorangingen, wie durch Geheimgänge, ganz auf den Weg konzentriert, da es manchmal sehr dunkel war. Irgendwann standen wir vor einem sehr schmalen hohen Haus. Auf jeder Etage begegneten wir jemandem, auf der ersten der Schwester und den Kindern, wo wir ein Weilchen blieben. Wir hatten für die Kinder Schokolade mitgebracht. Auf der zweiten trafen wir die Mutter und einen Jungen, den die Familie bei sich aufgenommen hat und ihnen im Haushalt hilft, auf dem dritten Stock zwei weitere lustige Schwestern, die mich richtig zuplauderten und mir ein paar ihrer vielen Bangles schenkten. Dabei sind meine Hände eigentlich zu gross, aber die mussten einfach an mein Handgelenk, so biss ich mir auf die Zähne und trage sie immer noch, weil ich sie gar nicht mehr wegkriege. Bevor sie rosten, werde ich sie irgendwie aufschneiden :). Es war sehr vergnüglich. An den Wänden hängen jeweil Hochzeitsfotos, ein bisschen wie bei uns, Frauen im weissen Kleid. Am Schluss kamen wir auf die Terrasse, wo wir einen Freund der beiden Brüder noch trafen, der auch Nachbar war und schon zur Familie gehörte. Er war Moslem. Wir mussten ganz, ganz viel essen, und es war sehr gut. David erinnert sich vielleicht nicht trotzdem nicht so gern daran, ihm war ganz dummerweise übel an jenem Abend, und das viele Essen hat ihn am Ende etwas überfordert. Es war schon sehr kalt abends, aber bei den Füssen stand ein Kohlebecken, das vermochte zu wärmen. Es war ein schöner Abend auf dem Dach. An den Mond mag ich mich erinnern, da mir dort zum ersten Mal auffiel, dass der Halbmond in Pakistan auf dem Rücken liegen kann. Es wurde spät, und die drei Freunde setzten uns auf einer grösseren Strasse ab, und wir fuhren mit einer Rickshaw zurück zum ehemaligen Diakonissinnenkloster. An den Abend denke ich gerne zurück.
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