September 26, 2006

Abstecher in die kulinarische Seite Kirgistans

Filed under: Von Petersburg nach Turkestan — sarah @ 2:16 pm

Die Speisekarte in Kirgistan sieht immer etwa folgendermassen aus: Samsa (blaetterteigartige Taschen mit Fleisch oder Kaese), Manty (Teigtaschen mit Fleisch und unbedingt weissen Fettkluempchen), Plov (Reis mit Fleisch und Gemuese), Shorpo (Bruehe mit oder ohne Stueck Fleisch und Kartoffel), Beshparmak (versch. Fleisch in Bouillon), Laghman (selbergemachte dicke Nudeln mit Fleisch und Gemuese, suppenaehnlich), Boso Laghman (gebratene Nudeln und trocken), Osobyj Laghman (besonderer Laghman ?). Dann kommt das russische Angebot: Pel’meni (Ravioli mit Fleisch und ohne Sauce, wenn dann mit Smetana), russische Mayonnaisesalate, Solyanka (Suppe mit vielen Zutaten und Zitrone und immer genau “einer” Olive), Borschtsch (Rotebeetesuppe mit Fleisch). An vielen Orten bekommt man Dungan Essen, bereits schon (muslimisch) chinesisches Essen, mit z.B. Reisnudelgerichten. Ashlyanfu ist eine Mischung von Laghmannudeln und Reisnudeln, scharf gewuerzt und kalt serviert wie Salat.
Wenn man in den Bergen auf den Jailoos bei Familien zu Besuch ist, sieht das Essen aber etwas anders aus. Dort stehen Milchprodukte im Vordergrund: Milch, Kajmak (schmeckt wie Mascarpone und isst sich mit Brot, was hier Nan heisst und rund und flach wie ein Teller ist und manchmal so benutzt wird), Ajran (Naturejoghurt), Khmyz (fermentierte Pferdemilch, manchmal gemischt mit Kuhmilch). Fleisch ist die Grundnahrung, d.h. Schaffleisch. Getrunken wird landesweit immer Chaj, Gruentee und Schwarztee.
Ich persoenlich mag die Milchprodukte sehr gern. Fleisch ist des Kirgisen erste und wichtigste Nahrung, es kann uns etwas zu viel des Guten werden. V.a. wird das Fett sehr geschaetzt. Dass man in den Manty weisse Fettbaellchen findet, soll keine Qualitaetskritik sein, obwohl wir am Anfang dachten, wie lausig – da noch Fett reinzufuellen!
Da wurden wir aber belehrt: Fett wird sehr geschätzt. Die besten Stücke sind die mit Fett dran. Das entspricht noch einem alten Gesundheits- bzw. Schönheitsempfinden, was es bei uns frueher vermutlich auch gab. Das Tier wird immer ganz verwertet, so dass gezoepfelter Darm und und und keine kulinarische Exotik darstellen. Eine Kollegin erzaehlte von einem Essen in einer Jurte, wo ihnen einige verschmaehte Innereien noch zum “Lunchpaket” im Karton verpackt mitgegeben wurden.
Vegetarier haben es in Kirgistan, grosse Vorwarnung (!), fuerwahr nicht leicht.
Kirgistan – die Fleischessernation, dabei finde ich aber, dass der Umgang mit Tieren und Fleisch sehr natuerlich und bewusst ist. Mir schien, sie moegen die Tiere und schaetzen das Fleisch. Sie arbeiten jeden Tag mit ihren Tieren, schlachten sie selber, verwerten von ihnen alles restlos. Ich hatte kein einziges Mal ein Gefuehl von schlechtem Gewissen, wie wenn ich an der  Migroskasse stehe und ueberlege, ob das nicht doch daneben ist das guenstigere Don Pollo Huhn dem Freilandhuhn vorzuziehen, dabei miteinbeziehend, dass beide Huehner ja sowieso tot sind und es noch danebener waere, wuerde das arme Don Pollo trotz seines schlechten Lebens gar nicht gekauft werden… – Am Schluss stehe ich vor dem Tofu und denke “Die Loesung”.
Ich mag es in Kirgistan den Tieren zugucken zu koennen, wie sie frei durch die Praerie spazieren ohne Grenzen. Abends kommen die Mutterkuehe von alleine nach Hause, weil dort ihre Kaelber auf sie warten. Dabei beginnt ein fast ruehrendes Muhkonzert, endlose Begruessungsszenen. Das hoert sich nun sicher alles furchtbar sentimental und ktischig an, aber – im Ernst! – es ist so. Natuerlich werden die Kuehe nachher von den Leuten gemolken.
Hier ist das Fleisch ein tierisches Produkt, kein Industrieprodukt, das hat mir gut gefallen.

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